Wilten & Sieglanger

Wissenswertes zu Wilten & Sieglanger

Wohlwollend archäologischen Funden folgend, könnte man Wilten als Innsbrucks Keimzelle bezeichnen. Nach der römischen Besiedlung um die Zeitenwende entstand ein Militärstützpunkt auf dem Gebiet des heutigen Wilten.

Nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches 476 n.Chr. kam Tirol langsam und schleichend unter die Kontrolle des Herzogtums Bayern. Als die Grafen von Andechs 1180 am südlichen Innufer begannen, den Markt, aus dem Innsbruck entstehen sollte, anzulegen, hatte Wilten bereits an die 1000 Jahre am Buckel. Zu dieser Zeit waren Christentum und das Stift Wilten allerdings bereits etabliert. Die Bayern übernahmen nur allzu gerne diese lokale Administrationsstelle, kirchlich wie auch politisch. Mit viel Voraussicht ließ sich das Stift Wilten im Gegenzug viele Sonderrechte vertraglich verankern. Die Stadt Innsbruck war in der Folge in vielerlei Hinsicht von der Gemeinde südlich der Stadt abhängig. Das begann mit der Energieversorgung. Die Kleine Sill, ein Kanal, der im Hochmittelalter angelegt worden war, versorgte die Stadt mit Wasser, das für die Handwerksbetriebe der Stadt unerlässlich war. Da der Kanal durch die Ländereien des Stiftes Wilten floss, hatte der Abt bis ins 16. Jahrhundert wie über so vieles andere die Verfügungsgewalt über das Nutzungsrecht. Ein anderes Sonderrecht des Stiftes war das Mühlrecht. Innsbrucker Bauern mit Getreide mussten im Mittelalter zu den Wiltener Mühlen an der Sill pilgern, um ihr Korn zu mahlen. Ging mittelalterlichen Städten das Brot aus, drohten Unruhen und Aufstände. Da Getreide über Jahrhunderte hinweg das zentrale Element des Speiseplans des allergrößten Teils der Gesellschaft war, gab dies den Wiltenern einen gewissen Machtanspruch über Innsbruck. Der Abt hob auch den Zehenten ein, eine Steuer, die der Kirche zustand. Diese finanziellen Fragen sorgten zu ständiger Konkurrenz zwischen Kloster und Stadt, der sich in der Bevölkerung fortsetzte.

Wichtig war Wilten durch die Jahrhunderte auch als kirchliche Instanz. Das Verhältnis zwischen der kirchlichen Macht in Wilten in Person des Abtes und der weltlichen in Innsbruck in Person des Landesfürsten, seit dem 16. Jahrhundert mit Unterstützung der Jesuiten, ähnelte dem andauernden Streit zwischen Papst und Kaiser im Mittelalter. In Angelegenheiten der Seelsorge und des Messdienstes war die Stadt vom Abt abhängig. Die Pfarrkirche St. Jakob war lediglich eine Filiale des Stiftes Wilten. Bis 1560 schafften es das Stift Wilten, jegliches Kloster in Innsbruck zu verhindern um seinen Einflussbereich aufrechtzuerhalten. Erst in der Reformationszeit schaffte es der aus Spanien stammende, sich über viele örtliche Gepflogenheiten hinwegsetzende Landesfürst und spätere Kaiser Ferdinand I. auch in der Stadt ein Kloster anzusiedeln. 1561 kamen die Jesuiten auf sein Drängen nach Innsbruck, kurz darauf folgten die Franziskaner. Die Messen an hohen Feiertagen wie Weihnachten, und Ostern oder Taufen wurden trotzdem in Wilten gefeiert. Gasthäuser nahe dem Stift freuten sich über das regelmäßige Publikum aus der Stadt an diesen Tagen.

Die Eingemeindung Wiltens erfolgte 1904 im Zuge einer Modernisierung der Stadt Innsbruck unter Bürgermeister Wilhelm Greil. Wasser und Strom veränderten damals den Alltag der Menschen. Wilten hatte um 1900 nur eine Schule für 9.000 Einwohner, während Innsbruck sechs für 25.000 vorweisen konnte. Die Modernisierung der Infrastruktur wäre für die einzelnen Stadtteile schwer zu bewältigen gewesen. Es war vernünftig, die Kräfte zu bündeln. Bereits 1905 fuhr die erste Straßenbahn vom Berg Isel an den Hauptbahnhof. Johann von Sieberer ließ zur Feier der Vereinigung von Wilten und Innsbruck den Vereinigungsbrunnen am Bahnhof errichten, der leider im Zweiten Weltkrieg entfernt wurde.

Das Wiltener Platzl und der Kaiserschützenplatz verbanden das südlich gelegene Stift Wilten über die Leopoldstraße mit der Innenstadt, die bei der Triumphpforte beginnt. Hier entwickelte sich das moderne Wilten. Die Einwohnerzahl Wiltens verdreifachte sich innerhalb weniger Jahrzehnte bis 1900 auf 12.000. Viele der Häuser zeugen von der Erweiterung um die Jahrhundertwende. In Wilten sind bis heute die zu dieser Zeit besonders populären „Helden“ der Tiroler Erhebung von 1809 in Straßennamen wie Andreas-Hofer-Straße, Speckbacherstraße oder Haspingerstraße verewigt. Westlich wuchs die Stadt entlang der Anichstraße bis zur Klinik und dem Westfriedhof in dieser Zeit ebenfalls. Ein kurzer Spaziergang von der Anichstraße durch die Kaiser-Josef-Straße, die Speckbacherstraße, die Stafflerstraße bis zur Sonnenburgstraße gibt einen guten Eindruck vom Städtebau zwischen 1880 und 1945. Die Gründerzeithäuser sind ebenso sehenswert wie die Südtirolersiedlung nahe dem Südring in der Speckbacherstraße.

Heute ist Wilten ein abwechslungsreiches und lebendiges Stadtviertel. Zwischen dem Oberdorf rund um das Gasthaus Haymon, Wilten West beim Friedhof und der Triumphpforte findet man traditionelles und neues Stadtleben in direkter Nachbarschaft. Zweckdienlicher Wohnbau aus den 1960er und 1970er Jahren trifft auf barocke Bürgerhäuser. Das neugestaltete Wiltener Platzl wird dank geschickter Planung mit Gastronomie und kleinen Geschäften gut angenommen und beheimatet jeden Samstag einen kleinen lokalen Markt. Die Nähe zu Universität und Klinik in Kombination mit den geräumigen Altbauwohnungen machen Wilten für Studenten attraktiv. In urigen Kneipen wie dem Jolly treffen alteingesessene Wiltener auf junges Publikum.