Der „Boarische Rummel“ und der Spanische Erbfolgekrieg
Der Boarische Rummel und der Spanische Erbfolgekrieg
Als 1700 mit Karl II. von Spanien der letzte Habsburger der spanischen Linie den Thron ohne Erben hinterließ, entbrannte der Spanische Erbfolgekrieg zwischen den Weltmächten. Habsburger, Franzosen und Bayern probierten jeweils ihren Kandidaten auf den Thron zu bringen. In wechselnden Allianzen rund um den Globus standen sich in den Koalitionskriegen große Armeen gegenüber. Über häufig wechselnde Bündnisse mischten zwischen Europa, Asien und Amerika auch Niederländer, Großbritannien - ja sogar Schweden und Russen mit. Was aber hat das mit Innsbruck zu tun?
1703 erhob das mit Frankreich verbündete Kurfürstentum Bayern Anspruch auf die Grafschaft Tirol. Um ihren vermeintlichen Anspruch auf Tirol militärisch zu untermauern, marschierten die Bayern mit 12.000 Mann über Kufstein ins Inntal. Relativ schnell konnten sie den Raum um Innsbruck erobern, um sich hier mit den Truppen des französischen Bündnispartners, der aus Italien Richtung Tirol marschierte, zu vereinigen.
Die Verteidiger leisteten dem Herzen Jesu einen Treueschwur und baten um himmlischen Beistand, ein Vorgang der sich später mehrmals wiederholen sollte. Südtiroler und Oberinntaler Truppen, zu großen Teil aus den Schützenvereinen schnell rekrutiert, boten den Fremdmächten erfolgreich Paroli. Bei einer Schlacht an der Pontlatzerbrücke bei Landeck konnten die Tiroler Truppen einen Erfolg feiern, der die Wende brachte. Die zahlenmäßig unterlegenen Tiroler Schützen waren im Guerillakrieg in unwegsamem Gelände den großen Armeen, die für Feldschlachten ausgebildet und ausgestattet waren, ebenbürtig. Geschickt nützten sie die bessere Ortskenntnis und ihre Fähigkeiten als Scharfschützen aus. Erst später rückten von Südtirol her auch reguläre Truppen der Habsburger nach. So konnte die bayrische Fremdherrschaft am 26. Juli, dem Sankt-Anna-Tag, wieder aus Innsbruck vertrieben werden. Das Interessante dabei ist, dass Kurfürst Max Emanuel von einem guten Teil der Bürger Innsbrucks nicht ablehnend, vielmehr mit Begeisterung empfangen wurde. Der Boarische Rummel zeigte auf, wie unterschiedlich die politischen Vorstellungen von Stadt- und Landbevölkerung in Tirol war.
Der Boarische Rummel, wie der kurze Kampf um Tirol genannt wurde, klingt nur oberflächlich nach einem Scharmützel. 1704 kam es in der Schlacht von Höchstädt zu einer bayrischen Niederlage gegen die Habsburger. In der Folge besetzten österreichische Truppen München besetzen. Nun war es andersherum, die Bayern erhoben sich gegen die Habsburger. Unter anderem kam es dabei zur bekannten Sendlinger Mordweihnacht, bei der habsburgische Truppen etwa 1000 Soldaten, die sich eigentlich schon ergeben hatten, niedermetzeln ließen. Das komplizierte Verhältnis zwischen Habsburgern, Tirolern, Innsbruckern und Bayern, die ihre Anrechte auf Tirol bis in die Zeit der Spätantike zurückdatierten, war ein Phänomen, von dem das Land lange begleitet wurde. Die Tiroler Bauern warfen dem offiziellen Österreich nicht zu Unrecht die Vernachlässigung der Landesverteidigung vor. In einer Welle des Zorns und des Hasses auf alle, die sich nicht gegen Bayern und Franzosen gewehrt hatten, ergoss sich Gewalt auch gegen Institutionen wie das Stift Wilten, wo die Bayern Quartier bezogen hatten. Auch das ohnehin historisch schlechte Verhältnis zwischen Stadt- und Landbevölkerung wurde durch den Empfang, den ein Teil der Bürgerschaft Innsbrucks dem bayerischen Landesfürsten Max Emanuel bereitet hatte, weiter verschlechtert.