Das Heilige Römische Reich

Quaternionenadler Innsbruck
Das Heilige Römische Reich

Der Staat Österreich ist eine recht junge Erfindung, ebenso die Staatsbürgerschaft. Über mehr als 1000 Jahre war Innsbruck ein Land des Heiligen Römischen Reiches. Innsbrucker waren Untertanen des Kaisers. Und Untertanen des Tiroler Landesfürsten. Und ihres Grundherrn. Falls sie das Bürgerrecht hatten, waren sie auch Innsbrucker. Und sehr wahrscheinlich auch Christen. Was sie nicht waren, zumindest nicht bis 1806, war Österreicher. Was aber war dieses Heilige Römische Reich. Und wer war der Kaiser? Und war er wirklich mächtiger als der König?

Das Kaiserreich war ein Zusammenschluss einzelner Länder, geprägt von Konflikten und Zankereien um Macht, sowohl zwischen den Fürsten des Reiches untereinander wie auch zwischen den Fürsten und dem Kaiser. Es hatte keine Hauptstadt. Das Zentrum des Reiches war dort, wo der Kaiser war, der seine Residenzen immer wieder änderte. Kaiser Maximilian I. machte Innsbruck zu einer seiner Residenzstädte, was einem Turbo für die Entwicklung der Stadt gleichkam. Nationalität und gefühlte Zugehörigkeit spielte für die Staatszugehörigkeit, bis ins 19. Jahrhundert weniger eine Rolle als heute. Das Christentum war das Band, das vieles zusammenhielt. Institutionen wie das Reichskammergericht oder der Reichstag wurden erst im späten Mittelalter und der Frühen Neuzeit eingeführt, um die Verwaltung zu erleichtern und Streitigkeiten unter den einzelnen Landesfürsten beizulegen. Die Goldene Bulle, die unter anderem die Wahl des Kaisers regelten, war eine sehr einfache Form einer frühen Verfassung. Drei geistliche und 4 weltliche Kurfürsten wählten ihr Oberhaupt. Im Reichstag hatten die Fürsten Sitz und Stimme, der Kaiser war von ihnen abhängig. Um sich durchzusetzen, bedurfte er einer starken Hausmacht. Die Habsburger konnten dabei unter anderem auf Tirol zurückgreifen. Tirol war auch einer der Zankäpfel zwischen den Habsburgern und den Herzögen von Bayern, obwohl beide dem Heiligen Römischen Reich angehörten. Innsbruck wurde mehrmals von den Bayern besetzt.

Hierarchie innerhalb des feudalen Lehensystems war streng geordnet vom Kaiser bis zum Bauern. Kaiser und Könige erhielten Macht und Legitimation direkt von Gott. Das Feudalsystem war gottgewollt. Bauern arbeiteten am Feld, um den für das Seelenheil betenden Klerus und die für die Schutzlosen kämpfenden und den Klerus beschützende Aristokratie zu ernähren. Es war eine Dreierbeziehung in der eine Seite Gebet für das Seelenheil, eine Seite Schutz und die dritte Seite Gehorsam, Treue und Arbeit einbrachten.

Diese Treue mag uns Staatsbürgern moderner Prägung fremd erscheinen, sind die Pflichten heutzutage über Steuern, der Einhaltung von Gesetzen, Wahlen oder Präsenzdienst abstrakter und wesentlich weniger persönlich. Bis ins 20. Jahrhundert hinein baute das Feudalsystem aber genau darauf auf. Treue basierte nicht wie die heutige Staatsbürgerschaft auf einem Geburtsrecht. Der „österreichische“ Militär Prinz Eugen mag französischer Abstammung gewesen sein, trotzdem kämpfte er in der Armee Leopolds I., des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches gegen Frankreich. Er war ein Untertan des Erzherzogs von Österreich mit Wohnsitzen in Wien und Ungarn. Während man gebürtiger US-Amerikaner sein muss, um Präsident werden zu können, war aber auch umgekehrt der Herrscher nicht an eine angeborene Nationalität gebunden. Kaiser Karl V. wurde im heute belgischen Gent geboren, wuchs am burgundischen Hof auf, wurde spanischer König, bevor er das Erzherzogtum Österreich erbte und später zum Kaiser gewählt wurde. Germanicus zu sein bedeutete nicht, Deutscher zu sein, es bezog sich meist auf die Alltagssprache, die eine Person verwendete.

Als Karl der Große im Jahr 800 in Rom zum Römisch-Deutschen Kaiser gekrönt wurde, trat er das Erbe der römischen Kaiser mit göttlicher Legitimation durch die Salbung des Papstes an. und gleichzeitig als weltlicher Schutzherr des Papstes an. Der Kaiser war im Gegenzug die Schutzmacht des Heiligen Vaters auf Erden.  Das Heilige Römische Reich unter dem Mantel des Kaisers hörte erst 1806 zu Zeiten der Napoleonischen Kriege auf zu existieren. Zentraleuropa begann sich ab dieser Zeit langsam in eine Ansammlung von Nationalstaaten nach dem Vorbild Frankreichs und Englands zu verwandeln.

Die Idee des Römischen Reiches ging auf eine abenteuerliche, sehr alte Vorstellung zurück, dass das antike Rom weiter Bestand haben musste. Die Römisch-Deutschen Kaiser verstanden sich als direkte Nachfolger der Römischen Kaiser der Antike. Für gläubige Christen war es laut der Lehre der Vier Weltreiche von enormer Wichtigkeit, dass das Kaisertum fortbestand. Grundlage der Lehre der Vier Weltreiche war das Buch Daniel des Alten Testaments. Laut dieser Geschichte träumte der babylonische König Nebukadnezar von vier aufeinanderfolgenden Weltreichen. Mit dem Ende des vierten Weltreiches ginge dem Propheten nach auch die Welt unter. Der christliche Kirchenvater Hieronymus deutete diese vier Reiche um 400 nach Christus als die Abfolge Babylon, Persien, Griechenland und eben dem Römischen Kaiserreich. Das Ende der römischen Herrschaft bedeutete im Glauben des Mittelalters gleichzeitig das Ende der Welt und somit durfte Rom nicht untergehen. Über diese sogenannte Translatio Imperii, also die Übertragung des Rechtsanspruchs des Imperium Romanum der Antike auf die Römisch Deutschen Kaiser nach Karl dem Großen, wurde die Beständigkeit Roms formell gewahrt und die Erde konnte fortbestehen.

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