Die Pfarre Mariahilf ist Namensgeberin des Innsbrucker Stadtteils westlich der Innbrücke, der bis 1837 als Obere Anbruggen bekannt war. Neben der Mariahilfkirche gehören auch der Friedhof, der Kindergarten, die Kunstkammer und das Widum zu einem Ensemble an Gebäuden, das ein eindrucksvolles Beispiel für den Einfluss der Kirche auf Infrastruktur, Gesellschaft und Gemeinwesen darstellt. Die Anfänge der Pfarre Mariahilf liegen im 17. Jahrhundert. Nachdem schwedische, französische und hessische Truppen während den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) große Teile des benachbarten Bayern und die Stadt Bregenz verwüstet hatten, gelobten die Tiroler Landstände am 1. Februar 1647 feierlich, Cranachs Bild der Gnadenmutter, das heute im Dom St. Jakob hängt, eine Kapelle zu stiften, wenn Tirol von den Kriegsgräueln verschont bliebe.
Als Baumeister für das Vorhaben konnte Christoph Gumpp gewonnen werden. Bereits 1648 wurde auf einem provisorischen Altar die erste Messe gefeiert, ein Jahr später war der Rohbau fertig. Im Laufe der nächsten Jahrhunderte gestalteten mehrere Generationen Tiroler Künstler die Mariahilfkirche bis zu ihrem heutigen Aussehen. Gumpp ließ sich wohl auf seinen Italienreisen von den Kuppelbauten wie dem römischen Pantheon inspirieren. Das Innere ist nicht wie es typisch für den Barock ist ein großes Ganzes, sondern eine Aneinanderreihung einzelner Elemente, wie es in der Renaissance üblich war. Fünf Altarkapellen geben dem runden Bau die äußere Form. Die Kuppel wird innen von sechs ovalen Deckenfresken geschmückt, die das Leben Marias darstellen. Sechs runde Fresken zeigen Szenen aus dem Alten Testament.
Cranachs Gnadenmutter, der man die Kirche eigentlich weihen wollte, blieb in der Pfarrkirche St. Jakob, weshalb Michael Waldmann 1654 eine Kopie des Bildes Cranachs anfertigte. Die vier Stände Klerus, Adel, Bauern und Bürger knieen am Hochaltar vor einer Darstellung der Kirche und weisen diese Maria zu. Über dem Chorbogen kann man die Wappen Tirols, der Casa Austria und der toskanischen Familie Medici sehen, aus der die kurz vor Beendigung des Rohbaus verstorbene Tiroler Landesfürstin stammte.
Neben der Kirche befindet sich das Epp´sche Benefiziatenhaus, das von Johann Martin Gumpp als Wohnhaus des Kaplans geplant wurde und heute als Kunstkammer mit vielen Ausstellungsstücken und Archiv rund um Mariahilf dient. Auf der anderen Seite wird die Kirche vom Messnerhaus und dem 1952 wieder eröffneten Kindergarten flankiert. Nördlich der Kirche steht das im 19. Jahrhundert neu gebaute Widum mit dem großen Pfarrgarten. Volksschule und Friedhof sind nur wenige Gehminuten entfernt.
Trotz dem Segen und Schutz Marias kam mehrere Unglücke über die Pfarre. Das Erdbeben vom 22. Dezember 1689 verschonte Mariahilf nicht und nahm auch die neu gebaute Kirche erheblich mit. Menschlicher Natur waren die späteren Schäden. Die 1837 von der Glockengießerei Graßmayr gegossenen Glocken wurden wie auch die Orgelpfeifen während des Ersten Weltkrieges eingeschmolzen, um aus dem Metall Waffen herzustellen. Während der Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs wurden der Kindergarten und das Pfarrheim zerstört, auch die Kirche erlitt kleinere Schrammen.
Der vielleicht wichtigste Mann der Geschichte Mariahilfs aber war kein Künstler oder Baumeister, sondern Dr. Sigismund Epp (1647 – 1720), Professor für Theologie, Prokanzler und Rektor an der Universität Innsbruck. Er stiftete zwei Benefizien, die es den Tiroler Landständen ermöglichten, die Kirche Mariahilf zu betreiben, in Folge zu erweitern und dadurch ihren Einfluss in der Stadt zu vergrößern. Der Gelehrte Epp hatte an seine Großzügigkeit mehrere Verfügungen geknüpft, darunter die Art und Weise wie der Benefiziat beschaffen sein soll:
„Zum Genuß dieses Benefiziums soll ein frommer und ehrbarer weltlicher Priester, der ein eingeborenes tyrolisches Landskind und der deutschen Sprache mächtig ist, berufen werden…. Der Benifiziat soll die Stifter in sein Gebet und andere gute Werke einschließen.“
Über die Kaplanei Mariahilf, seit 1853 Pfarre mit Seelsorge, konnten die Tiroler Landstände innerhalb der Kirche in vielen wichtigen, weltliche Belange betreffenden Angelegenheiten, einen Gegenpol zu den mächtigen Jesuiten, dem Tiroler Landesfürsten und später der Regierung in Wien bilden. Vor allem beim Thema Bildung und Universität kam es immer wieder zu Machtkämpfen zwischen diesen Institutionen. Nach dem Tod Epps wanderte das Privileg, Universitätskirche zu sein, zwar von Mariahilf in die Dreifaltigkeitskirche der Soldaten Christi, in den frühen 1850er Jahren gründete der Mariahilfer Pfarrer Caspar Weyrer aber eine eigene Schule. Einige Jahrzehnte zuvor war der Versuch in Mariahilf abseits der Trivialschule St. Nikolaus ein eigenes Institut zu gründen noch abgelehnt worden. Seit Maria Theresia und Josef II. war es dem zunehmend zentralisierten Staat ein besonderes Anliegen gewesen, Bildungsangelegenheiten weg von der Kirche unter die Fittiche des Staates zu bringen. Weyrer kam über einen weiteren Benefiziaten, Elisabeth von Mayrhofer zu Koburg & Anger, aber an Kapital und Immobilien, um unabhängig von staatlicher Seite die Schule Mariahilf zu gründen. Die Vereinbarung lautete:
„Die beiden Häuser, der Garten, der Hof, kurz den ganzen Einfang vermache ich zu einem Schulhaus oder zu einer Kinderwarth-Anstalt… die Kinder (sind) verbunden, alle Wochen einmal in der Versammlung laut einen Vaterunser und ein Avemaria zu beten.“
Für das eigene Seelenheil beten zu lassen, war in Innsbruck auch im 19. Jahrhundert noch in Mode. Mit dem Erlass eines neuen Schulgesetzes 1872, musste die Schule ihre Pforten schließen. Caspar Weyrer gründete noch im selben Jahr eine Privatschule, um dieses Gesetz zu umgehen. Weder die liberal-großdeutsche Stadtregierung noch das Ministerium in Wien wollten aber die kirchlich gelenkte Schule in Innsbrucks Bildungslandschaft haben, weshalb der k.k. Bezirksschulrat kurzerhand die beiden Stiftungshäuser als nicht tauglich für Schulzwecke erklärte. Damit sollte das letzte Wort aber noch nicht gesprochen sein.
Einige Jahre früher war der Mariahilfer Friedhof, der seit 1786 neben der Kirche bestand, wegen ungünstiger Bodenbeschaffenheit ins Visier der Behörden geraten. 1876, vier Jahre nach der faktischen Schließung der Mariahilfer Schule durch die Obrigkeit, wälzte die Pfarre Mariahilf Pläne zur Verlegung des Gottesackers. Der Tiroler Landtagsausschuss, der noch immer die Geschicke Mariahilfs leitete, erwarb das Grundstück, auf dem sich der Friedhof Mariahilf bis heute befindet. In malerischer Hügellage gilt der Tiroler Landesfriedhof mit den Arkaden und der Friedhofskapell im Stil der Neorenaissance als schönster Friedhof der Stadt.
Die Verlegung des Friedhofs an den neuen Ort ermöglichte schlussendlich doch noch den Schulbau. Auf dem ehemaligen Friedhofsgelände öffnete 1902 die heutige Volksschule Mariahilf. Auf der Hinterseite der Volksschule ist noch ein kleiner Teil Friedhofskapelle und Mauer sichtbar. Im ehemaligen Schulhaus wurde ein Kindergarten eröffnet. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 wurde die Stiftung Mayrhofers, wie so viele kirchliche Einrichtungen, aufgelöst und das Vermögen der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt einverleibt. Knapp vor Kriegsende landete eine 1000 kg schwere Bombe zwischen Kindergarten und Pfarrheim, explodierte allerdings nicht. Ob dafür die Gnadenmutter verantwortlich war, konnte nicht letztgültig geklärt werden. Heute verwalten die Pfarre Mariahilf und Vinzenzkonferenz das Vereinsheim und den Kindergarten.