Gasthof Goldener Adler

Herzog-Friedrich-Straße 6

Wissenswert

Seit Jahrhunderten waren die Innsbrucker Gastwirte nicht nur sozialer Treffpunkt und Nobelherberge, sondern auch wichtige Infrastruktur für Innsbruck als Handels- und Residenzstadt. Venedig - Augsburg war eine der bedeutendsten Handelsrouten des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Zwischen der Stadt, die unter der Familie der Fugger zu einem der Finanzzentren Europas wurde und der Serenissima Republica di San Marco türmten sich für die Händler und ihren Tross die Alpen auf, die bezwungen werden mussten. Zeitgenössische Handelsreisende lobten Innsbruck für die hohe Qualität seiner Gastbetriebe, des Wein und der Dirnen.

Einer dieser Gasthöfe war der Goldene Adler in Innsbruck. Der Goldene Adler zählt bis heute zu den Innsbrucker Institutionen. Schon von der Innbrücke aus sieht man das prächtige gotische Gebäude. Dank seiner Nähe zum Ballhaus war er das ideale Quartier für Kaufleute. Erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde der Goldene Adler 1573. Da aber bereits Kaiser Maximilians Entourage, vielleicht sogar der Kaiser selbst hier genächtigt haben soll kann man davon ausgehen, dass der Gasthof auch schon wesentlich früher Gäste empfing. Ein Schild am Goldenen Adler gibt 1390 als Entstehungsdatum an.

Wer nach Innsbruck kam und etwas auf sich hielt, stieg im Goldenen Adler ab. Prominenz aller Art nächtigte hier, wie man an der Tafel am Eingang lesen kann. Es war nicht unüblich, dass Adlige und Gäste des Hofes in einem der Wirtshäuser schliefen, wenn die offiziellen Gemächer ausgebucht waren. Die Innsbrucker Wirte verdienten neben dem Transit auch am Status als Residenzstadt und dem Gefolge der adeligen Besucher wohl ordentlich mit, auch wenn die Rechnungen von der Hofburg meistens mit Verspätung und auf Drängen beglichen wurden. Für den Pofl, Menschen ohne Bürgerrecht oder genügend Besitz, um die Zeche zahlen zu können, war der Eintritt in die Gaststuben hingegen nicht erlaubt.

Von gar staatstragender Bedeutung wurde der Gasthof während der Tiroler Erhebung. Vom Balkon des Goldenen Adlers aus soll Andreas Hofer nach der Einnahme der Stadt 1809 seine Ansprache an die Innsbrucker Bevölkerung gehalten haben. Unter den Lauben beim Eingang zum Restaurant erinnert eine Tafel an diesen Moment und gibt den überschaubar anspruchsvollen Text wieder. Bis heute wird die Tradition und Geschicht des Betriebes mit der Betitelung der Räumlichkeiten zelebriert. Wer möchte, kann im Goethe Stüberl speisen und sich anschließend im Erzherzog Eugen Zimmer zur Ruhe betten. Jedes Zimmer ist einem prominenten Gast vergangener Tage gewidmet, dessen Biographie und Verbindung zum Gasthof liebevoll erzählt wird. Auf alten Fotos und Postkarten sieht der Goldene Adler noch schmucklos aus. Die Fresken des Gasthofs wurden erst bei einer Renovierung nach dem Zweiten Weltkrieg wiederentdeckt. Sehenswert ist auch das Wappenschild mit dem Doppeladler. Heute zählt der Goldene Adler zu den schönsten Restaurants der Stadt, gleichermaßen beliebt bei Einheimischen wie Touristen. Nicht ganz billig, bietet der Gasthof bodenständige Küche im angenehmen Ambiente der gepflegten Stüberln oder im Freien mit Blick auf die Ottoburg.

Tourismus: Von alpiner Sommerfrische zur Piefke Saga

In den 1990er Jahren sorgte eine österreichische Fernsehserie für einen Skandal. Die Piefke Saga aus der Feder des Tiroler Schriftstellers Felix Mitterer beschrieb in vier skurril-entlarvend-amüsanten Folgen die Beziehung zwischen der deutschen Urlauberfamilie Sattmann und ihren Gastgebern in einem fiktiven Tiroler Urlaubsort. Bei aller Skepsis gegenüber dem Tourismus in seinen heutigen teils extremen Auswüchsen sollte man nicht vergessen, dass der Fremdenverkehr im 19. Jahrhundert ein wichtiger Faktor in Innsbruck und Umgebung war, der die Entwicklung der Region nachhaltig antrieb, nicht nur wirtschaftlich.

Die ersten Reisenden, die Innsbruck ansteuerten, waren Pilger und Business People. Händler, Gesellen auf der Walz, Beamte, Soldaten, Entourage adeliger Gäste bei Hof, Fachkräfte verschiedener Gewerbe, Bergleute, Kleriker, Wallfahrer und Wissenschaftler waren die ersten Touristen, die es in die Stadt zwischen Italien und Deutschland zog. Reisen war teuer, gefährlich und mühsam. Zudem war es einem großen Teil der Untertanen ohne Einwilligung ihres Grundherrn oder Abtes nicht gestattet, die eigene Scholle zu verlassen. Wer sich fortbewegte, tat dies im Normalfall auf des Schusters Rappen. Zwar verdienten die Innsbrucker Gasthöfe und Wirte bereits im Mittelalter und der Frühen Neuzeit an den Reisenden, von Fremdenverkehr wie wir ihn heute verstehen war aber noch keine Rede. Der fing an, als es einige Verrückte erstmals auf die Berggipfel zog. Dazu bedurfte es neben einer wachsenden Mittelschicht auch einer neuen Einstellung gegenüber den Alpen. Lange waren die Berge eine reine Bedrohung für die Menschen gewesen. Es waren vor allem Briten, die sich aufmachten, sich nach den Weltmeeren auch die Gebirge dieser Erde untertan zu machen. Über Reiseberichte verbreitete sich ab dem späten 18. Jahrhundert, der Epoche der Romantik, die Kunde von der Naturschönheit der Alpen. Der erste fremdsprachige Reiseführer für Tirol, Travells through the Rhaetian Alps von Jean Francois Beaumont erschien 1796.

Neben der alpinen Attraktion waren es die wilden und exotischen Eingeborenen Tirols, die international für Aufsehen sorgten. Der bärtige Revoluzzer namens Andreas Hofer, der es mit seinem Bauernheer geschafft hatte, Napoleons Armee in die Knie zu zwingen, erzeugte bei den Briten, den notorischen Erzfeinden der Franzosen, ebenso großes Interesse wie bei deutschen Nationalisten nördlich der Alpen, die in ihm einen frühen Protodeutschen sahen. Die Tiroler galten als unbeugsamer Menschenschlag, archetypisch und ungezähmt, ähnlich den Germanen unter Arminius, die das Imperium Romanum herausgefordert hatten. Die Beschreibungen Innsbrucks aus der Feder des Autors Beda Weber (1798 – 1858) und andere Reiseberichte in der boomenden Presselandschaft dieser Zeit trugen dazu bei, ein attraktives Bild Innsbrucks zu prägen.

Nun mussten die wilden Alpen nur noch der Masse an Touristen zugänglich gemacht werden, die zwar gerne den frühen Abenteurern auf ihren Expeditionen nacheifern wollten, deren Risikobereitschaft und Fitness mit den Wünschen nicht schritthalten konnten. Der Deutsche Alpenverein eröffnete 1869 eine Sektion Innsbruck, nachdem der 1862 Österreichische Alpenverein wenig erfolgreich war. Angetrieben vom großdeutschen Gedanken vieler Mitglieder fusionierten die beiden Institutionen 1873. Der Alpenverein ist bis heute bürgerlich geprägt, sein sozialdemokratisches Pendant sind die Naturfreunde. Das Wegenetz wuchs durch dessen Erschließung ebenso wie die Zahl an Hütten, die Gäste beherbergen konnten. Das Transitland Tirol besaß unzählige Saumpfade und Fußwege, die seit Jahrhunderten bestanden, und als Basis für den Alpinismus dienten. Kleine Gasthöfe, Bauernhöfe und Stationen entlang der Postwege dienten als Unterkünfte. Der Tiroler Theologe Franz Senn (1831 – 1884) und der Schriftsteller Adolf Pichler (1819 – 1900) waren maßgeblich an der Vermessung Tirols und der Erstellung von Kartenmaterial beteiligt. Anders als gerne behauptet, waren die Tiroler nicht geborene Bergsteiger, sondern mussten sich die Fähigkeiten die Bergwelt zu erobern erst beibringen lassen. Bis dato waren Berge vor allem eins: gefährlich und mühsam im landwirtschaftlichen Alltag. Sie zu besteigen, war zuvor kaum jemandem in den Sinn gekommen. Die Alpenvereine bildeten auch Bergführer aus. Ab der Jahrhundertwende kam neben Wandern und Bergsteigen der Skisport in Mode. Lifte gab es noch nicht, um auf die Berge zu gelangen, musste man sich der Felle bedienen, die heute noch auf Tourenski geklebt werden. Erst ab den 1920ern konnte nach dem Bau der Seilbahnen auf die Nordkette und dem Patscherkofel eine zahlungskräftige Klientel den modernen Luxus von Bergbahnen beim Skivergnügen genießen.  

Es bedurfte neuer Hotels, Cafés, Gasthäuser, Geschäfte und Transportmittel, um die Bedürfnisse der Gäste zu befriedigen. Wirte in der Stadt und in den Dörfern rund um Innsbruck zählten bis ins 19. Jahrhundert zur gehobenen Mittelschicht, was das Einkommen betraf. Vielfach waren sie Bauern, die im Nebenerwerb eine Ausschank hatten und Speisen verkauften. Sie hatten, wie das Beispiel Andreas Hofers zeigt, durchaus auch Ansehen und Einfluss innerhalb der lokalen Gesellschaft. Als Treffpunkte der Einheimischen und Knotenpunkte im Post- und Warenverkehr waren sie oft gut informiert über das Geschehen in der kleinen und großen Welt. Da sie aber weder Mitglieder einer Zunft waren noch zum Bürgertum gezählt wurden, zählte der Beruf des Gastwirtes nicht zu den ehrbarsten Berufen. Das änderte sich mit der Professionalisierung der Tourismuswirtschaft. Unternehmer wie Robert Nißl, der 1865 Schloss Büchsenhausen übernahm und in eine Bierbrauerei umbaute, investierten in die Infrastruktur. Aus ehemaligen Adelsansitzen wie der Weiherburg wurden Gasthöfe und Hotels. Die Revolution vollzog sich in Innsbruck nicht 1848 auf den Barrikaden, sondern im Tourismus einige Jahrzehnte später, als findige Bürger die Aristokratie als Besitzer von Schlössern wie Büchsenhausen und der Weiherburg ablösten.

Mit dem Grand Hotel Europa hatte 1869 auch in Innsbruck ein Haus ersten Ranges geöffnet und löste die oft in die Jahre gekommenen Gasthöfe in der Altstadt als die Unterkünfte erster Wahl ab. 1892 folgte mit dem zeitgeistigen Reformhotel Habsburger Hof ein zweiter großer Betrieb. Der Habsburger Hof bot seinen Gästen bereits elektrisches Licht, eine absolute Sensation. Ebenfalls am Bahnhof angesiedelt war der Arlberger Hof. Was heute eher als Wettbewerbsnachteil angesehen würde, war zu dieser Zeit ein Verkaufsargument. Bahnhöfe waren die Zentren moderner Städte. Die Bahnhofsplätze waren keine überfüllten Verkehrsknotenpunkte wie heute, sondern mondäne und gepflegte Orte vor den architektonisch anspruchsvoll gestalteten Hallen, in denen die Züge ankamen.

Die Anzahl der Gäste stieg langsam, aber stetig an. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges zählte Innsbruck 200.000 Gäste. Im Juni 1896 berichteten die Innsbrucker Nachrichten:

„Der Fremdenverkehr in Innsbruck bezifferte sich im Monat Mai auf 5647 Personen. Darunter befanden sich (außer 2763 Reisenden aus Oesterreich-Ungarn) 1974 Reichsdeutsche, 282 Engländer, 65 Italiener, 68 Franzosen, 53 Amerikaner, 51 Russen und 388 Personen aus verschiedenen anderen Ländern.“

Neben der Menge an Reisenden, die einen Einfluss auf das Leben in der Kleinstadt Innsbruck hatten, war es auch die Internationalität der Besucher, die Innsbruck nach und nach einen neuen Anstrich gaben. Neben der rein touristischen Infrastruktur wurde auch die Entwicklung der allgemeinen Neuerungen beschleunigt. Die wohlhabenden Gäste konnten kaum in Gaststätten mit Senkgruben hinterm Haus verkehren. Natürlich wäre eine Kanalisation ohnehin am Plan gestanden, der Wirtschaftsfaktor Tourismus aber ermöglichte und beschleunigte die Mittelfreistellung für die Großprojekte der Jahrhundertwende. Das veränderte nicht nur das Aussehen der Stadt, sondern auch den Alltag und das Arbeitsleben der Menschen. Findige Unternehmer wie Heinrich Menardi schafften es, die Wertschöpfungskette, um kostenpflichtige Urlaubsfreuden neben Kost und Logis zu erweitern. Er eröffnete 1880 die Lohnkutscherei und Autovermietung Heinrich Menardi für Ausflugsfahrten in die alpine Umgebung. Anfangs mit Kutschen, nach dem 1. Weltkrieg mit Bussen und PKW, wurden zahlungskräftige Touristen bis nach Venedig chauffiert. Das Unternehmen besteht bis heute und hat seinen Firmensitz mittlerweile im Menardihaus in der Wilhelm-Greil-Strasse 17 gegenüber des Landhausplatzes, auch wenn man sich von der Transport- und Handelsbranche im Lauf der Zeit auf die einträglichere Immobilienwirtschaft verlegt hat. Auch der lokale Handel profitierte von der zahlungskräftigen Klientel aus dem Ausland.

Innsbruck und die umgebenden Orte waren auch für Kururlaub, dem Vorgänger des heutigen Wellness, bei der betuchte Kunden sich in alpinem Umfeld von unterschiedlichsten Krankheiten erholten, bekannt. Der Igler Hof, damals Grandhotel Igler Hof und das Sporthotel Igls, verströmen heute noch teilweise den Chic dieser Zeit. Michael Obexer, der Gründer des Kurortes Igls und Besitzer des Grandhotels, war ein Tourismuspionier. In Egerdach bei Amras und in Mühlau, gab es zwei Kurbäder. So bekannt wie die Hotspots der Zeit in Bad Ischl, Marienbad oder Baden bei Wien waren die Anlagen nicht, wie man auf alten Fotos und Postkarten sehen kann, die Anwendungen mit Sole, Dampf, Gymnastik, sogar Magnetismus, entsprachen aber dem damaligen Standard dessen, was heute teilweise noch bei Kur- und Wellnessurlaubern beliebt ist. Bad Egerdach bei Innsbruck war als Heilquelle seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Die Quelle sollte Gicht, Hautkrankheiten, Anämie, ja sogar die im 19. Jahrhundert als Vorgängerin des Burnouts als Neurasthenie bekannte Nervenkrankheit beheben. Die Kapelle der Anstalt besteht bis heute gegenüber dem SOS Kinderdorf. Die Badeanstalt in Mühlau existierte seit 1768 und wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem Gasthaus mit Kuranstalt ganz im Stil der Zeit umgebaut. Die ehemalige Badeanstalt ist heute ein sehenswertes Wohnhaus in der Anton-Rauch-Straße. Das spektakulärste touristische Projekt, das Innsbruck jemals erlebte, war aber wohl Hoch Innsbruck, die heutige Hungerburg. Nicht nur die Hungerburgbahn und Hotels, sogar ein eigener See wurde hier nach der Jahrhundertwende geschaffen, um Gäste anzuziehen.

Einer der ehemaligen Besitzer des Grund und Bodens der Hungerburg und Innsbrucker Tourismuspionier, Richard von Attlmayr, war am Vorgänger des heutigen Tourismusverbandes maßgeblich beteiligt. Seit 1881 kümmerte sich der Innsbrucker Verschönerungsverein um Befriedigung der steigenden Bedürfnisse der Gäste. Der Verein kümmerte sich um die Anlage von Wander- und Spazierwegen, dem Aufstellen von Bänken und der Erschließung unwegsamer Gebiete wie der Mühlauer Klamm oder der Sillschlucht. Die markanten grünen Bänke entlang vieler Wege erinnern bis heute an den noch immer existierenden Verein. 1888 Jahre später gründeten die Profiteure des Fremdenverkehrs in Innsbruck die Kommission zur Förderung des Tourismus, den Vorgänger des heutigen Tourismusverbands. Durch vereinte Kräfte in Werbung und Qualitätssicherung bei den Beherbergungsbetrieben hofften die einzelnen Betriebe, den Tourismus weiter anzukurbeln.

„Alljährlich mehrt sich die Zahl der überseeischen Pilger, die unser Land und dessen gletscherbekrönte Berge zum Verdrusse unserer freundnachbarlichen Schweizer besuchen und manch klingenden Dollar zurücklassen. Die Engländer fangen an Tirol ebenso interessant zu finden wie die Schweiz, die Zahl der Franzosen und Niederländer, die den Sommer bei uns zubringen, mehrt sich von Jahr zu Jahr.“

Postkarten waren die ersten massentauglichen Influencer der Tourismusgeschichte. Viele Betriebe ließen ihre eigenen Postkarten drucken. Verlage produzierten unzählige Sujets der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Es ist interessant zu sehen, was damals als sehenswert galt und auf den Karten abgebildet wurde. Anders als heute waren es vor allem die zeitgenössisch modernen Errungenschaften der Stadt: der Leopoldbrunnen, das Stadtcafé beim Theater, die Kettenbrücke, die Zahnradbahn auf die Hungerburg oder die 1845 eröffnete Stefansbrücke an der Brennerstraße, die als Steinbogen aus Quadern die Sill überquerte, waren die Attraktionen. Auch Andreas Hofer war ein gut funktionierendes Testimonial auf den Postkarten: Der Gasthof Schupfen in dem Andreas Hofer sein Hauptquartier hatte und der Berg Isel mit dem großen Andreas-Hofer-Denkmal waren gerne abgebildete Motive.

1914 gab es in Innsbruck 17 Hotels, die Gäste anlockten. Dazu kamen die Sommer- und Winterfrischler in Igls und dem Stubaital. Der Erste Weltkrieg ließ die erste touristische Welle mit einem Streich versanden. Gerade als sich der Fremdenverkehr Ende der 1920er Jahre langsam wieder erholt hatte, kamen mit der Wirtschaftskrise und Hitlers 1000 Mark Sperre, mit der er die österreichische Regierung 1933 unter Druck setzen wollte, um das Verbot der NSDAP zu beenden, die nächsten Dämpfer.

Es bedurfte des Wirtschaftswunders der 1950er und 1960er, um den Tourismus in Innsbruck nach den Zerstörungen wieder anzukurbeln. Zwischen 1955 und 1972 verfünffachen sich die Nächtigungszahlen in Tirol. Nach den beschwerlichen Kriegsjahren und dem Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft Jahren konnten Tirol und Innsbruck den Fremdenverkehr langsam, aber stetig stabil als Einnahmequelle etablieren, auch abseits der offiziellen Hotels und Pensionen. Viele Innsbrucker Familien rückten in den ohnehin engen Wohnungen zusammen, um die Haushaltskasse durch die Vermietung von Betten an Gäste aus dem Ausland aufzubessern. Der Tourismus brachte nicht nur Devisen, sondern ermöglichte es den Einheimischen ein neues Image nach innen und außen von sich zu kreieren. Gleichzeitig ermöglichte der Wirtschaftsaufschwung immer mehr Innsbruckern einen Urlaub im Ausland. Besonders beliebt waren die Strände Italiens. Aus den Kriegsfeinden vergangener Jahrzehnte wurden Gäste und Gastgeber.

Big City Life im frühen Innsbruck

Innsbruck hatte sich von einem römischen Castell während des Mittelalters zu einer Stadt entwickelt. Diese formale Anerkennung Innsbrucks als Stadt durch den Landesfürsten brachte ein gänzlich neues System für die Bürger mit sich. Marktrecht, Baurecht, Zollrecht und eine eigene Gerichtsbarkeit gingen nach und nach auf die Stadt über. Besonders das Zollrecht war ein Steuerungswerkzeug der Landesfürsten. Während Zentralbanken Leitzinsen verändern, hatten Regenten nach Naturkatastrophen, Seuchen, Bränden oder Kriegen Zölle und Abgaben zur Verfügung, um Handel, Konsum und Wirtschaft anzukurbeln.

 Stadtbürger unterlagen nicht mehr ihrem Grundherrn, sondern der städtischen Gerichtsbarkeit, zumindest innerhalb der Stadtmauern. Das geflügelte Wort "Stadtluft macht frei" rührt daher, dass man nach einem Jahr in der Stadt von allen Verbindlichkeiten seines ehemaligen Grundherrn frei war. Bürger konnten anders als unfreie Bauern und Dienstleute frei über ihren Besitz und ihre Lebensführung verfügen. Bürger lieferten keinen Zehent ab, sondern bezahlten Steuern an die Stadt. Welche Gruppe innerhalb der Stadt welche Steuer zu bezahlen hatte, konnte die Stadtregierung selbst festlegen. Die Stadt wiederum musste diese Steuern nicht direkt abliefern, sondern konnte nach Abzug einer fixen Abgabe an den Landesfürsten frei über ihr Budget verfügen. Zu den Ausgaben neben der Verteidigung gehörte die Kranken- und Armenfürsorge. Notleidende Bürger konnten in der „Siedeküche“ Speisen beziehen, so sie das Bürgerrecht hatten. Besondere Beachtung schenkte die Stadtregierung ansteckenden Krankheiten wie der Pest.

Neben den Steuern war der Zoll eine wichtige Einnahmequelle Innsbrucks. Der Zoll wurde am Stadttor an der Innbrücke erhoben. Es gab zwei Arten von Zöllen. Der kleine Zoll richtete sich nach den Zugtieren des Wagens, der große nach Art und Menge der Waren. Die Zolleinnahmen wurden zwischen Innsbruck und Hall geteilt. Hall hatte dafür die Aufgabe, die Innbrücke in Stand zu halten. 

Jeder Bürger musste im Gegenzug für seine Rechte den Bürgereid leisten. Dieser Bürgereid beinhaltete die Verpflichtung zur Abgabe von Steuern und Militärdienst. Neben der Stadtverteidigung wurden die Bürger auch außerhalb eingesetzt. 1406 stellte sich eine Abordnung gemeinsam mit Söldnern einem Appenzeller Heer entgegen, um das Oberinntal zu verteidigen. Ab 1511 war der Stadtrat laut dem Landlibell Kaiser Maximilians auch verpflichtet ein Kontingent an Wehrpflichtigen für die Landesverteidigung zu stellen. Darüber hinaus gab es Freiwillige, die sich im Freifähnlein der Stadt zum Kriegsdienst melden konnten, so waren zum Beispiel bei der Türkenbelagerung Wiens 1529 auch Innsbrucker unter den Stadtverteidigern.

Im 15. Jahrhundert wurde der Platz eng im rasch wachsenden Innsbruck. Das Bürgerrecht wurde zu einem exklusiven Gut. Nur nur noch freien Untertanen aus ehelicher Geburt war es möglich, das Stadtrecht zu erlangen. Um Bürger zu werden, mussten entweder Hausbesitz oder Fähigkeiten in einem Handwerk nachgewiesen werden, an der die Zünfte der Stadt interessiert waren. Der Streit darum, wer ein „echter“ Innsbrucker ist, und wer nicht, hält sich bis heute. Dass Migration und Austausch mit anderen immer schon die Garantie für Wohlstand waren und Innsbruck zu der lebenswerten Stadt gemacht haben, die sie heute ist, wird dabei oft vergessen.

Innsbruck hatte wegen dieser Beschränkungen eine gänzlich andere soziale Zusammensetzung als die umliegenden Dörfer. Handwerker, Händler, Beamte und Dienstboten des Hofstaats bestimmten das Stadtbild. Händler waren oft fahrendes Volk, Beamte und Hofstaat kamen ebenfalls im Gefolge eines Fürsten für kurze Zeit nach Innsbruck und besaßen kein Bürgerrecht. Es waren die Handwerker, die einen großen Teil der politischen Macht innerhalb der Bürgerschaft ausübten. Sie zählten, anders als Bauern, zu den mobilen Schichten im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Sie gingen nach der Lehrzeit auf die Walz, bevor sie sich der Meisterprüfung unterzogen und entweder nach Hause zurückkehrten oder sich in einer anderen Stadt niederließen. Über Handwerker erfolgte nicht nur Wissenstransfer, auch kulturelle, soziale und politische Ideen verbreiteten sich durch sie. Die Handwerkszünfte übten teilweise eine eigene Gerichtsbarkeit neben der städtischen Gerichtsbarkeit unter ihren Mitgliedern aus. Es waren soziale Strukturen innerhalb der Stadtstruktur, die großen Einfluss auf die Politik hatten. Löhne, Preise und das soziale Leben wurden von den Zünften unter Aufsicht des Landesfürsten geregelt. Man könnte von einer frühen Sozialpartnerschaft sprechen, sorgten die Zünfte doch auch für die soziale Sicherheit ihrer Mitglieder bei Krankheit oder Berufsunfähigkeit. Die einzelnen Gewerbe wie Schlosser, Gerber, Plattner, Tischler, Bäcker, Metzger oder Schmiede hatten jeweils ihre Zunft, der ein Meister vorstand.

Ab dem 14. Jahrhundert besaß Innsbruck nachweisbar einen Stadtrat, den sogenannten Gemain, und einen Bürgermeister, der von der Bürgerschaft jährlich gewählt wurde. Es waren keine geheimen, sondern öffentliche Wahlen, die alljährlich rund um die Weihnachtszeit abgehalten wurden. Im Innsbrucker Geschichtsalmanach von 1948 findet man Aufzeichnungen über die Wahl des Jahres 1598.

Der Erhardstag, d.i. der 8. Jänner, spielte alljährlich im Leben der Innsbrucker Bürger eine große Rolle. An diesem Tage versammelten sie sich zur Wahl der Stadtobrigkeit, nämlich des Bürgermeisters, Stadtrichters, Gemeinredners und des zwölfgliedrigen Rates…. Ein genaues Bild über den Ablauf dieser Wahlen in den Jahren 1598 bis 1607 vermittelt ein im Stadtarchiv verwahrtes Protocoll: „… Das Läuten der großen Glocke rief Rat und Bürgerschaft auf das Rathaus und dann als ein ehrsamer Rat und ganze Gmein aufm Rathaus versammelt gwest, ist anfangs ein ehrsamer Rat in der Ratstuben zusammen gesessen und des nächsten Jahr her gwesten Bürgermeisters, Augustin Tauschers, Urlaub angehört.“

Der Bürgermeister vertrat die Stadt gegenüber den anderen Ständen und dem Landesfürsten, der die Oberherrschaft über die Stadt je nach Epoche mal mehr, mal weniger intensiv ausübte. Jeder Stadtrat hatte eigene, klar zugeteilte Aufgaben zu erfüllen wie die Überwachung des Marktrechts, die Betreuung des Spitals und der Armenfürsorge oder die für Innsbruck besonders wichtige Zollordnung. Der Konsum von Alkohol und das Verweilen in den Gaststätten war zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich geregelt. Ärmeren Bevölkerungsschichten war es nicht nur zu teuer, sie durften auch nur zu gewissen Zeiten in die Gasthäuser. So sollte übermäßiger Trunkenheit und dem Anbetteln der Oberschicht vorgebeugt werden. Der Stadtrat kontrollierte die Qualität und Güte der Speisen ähnlich einem frühen Marktamt, waren Städte doch an der Qualität ihrer Betriebe interessiert, um als Wirtschaftsstandort und für Gäste interessant zu sein.

Bei all diesen politischen Vorgängen sollte man sich stets in Erinnerung rufen, dass Innsbruck im 16. Jahrhundert etwa 5000 Einwohner hatte, von denen nur ein kleiner Teil das Bürgerrecht besaß. Besitzlose, fahrendes Volk, Erwerbslose, Dienstboten, Diplomaten, Angestellte, Frauen und Studenten waren keine wahlberechtigten Bürger. Zu wählen war ein Privileg der männlichen Oberschicht.

Entgegen landläufiger Meinung war das Mittelalter keine rechtfreie Zeit der Willkür. Auf kommunaler wie auch auf Landesebene, gab es Codices, die sehr genau regelten was erlaubt und was verboten war. Je nach Herrscher und gerade gängigen Moral- und Sittenvorstellungen konnte sich das sehr unterscheiden. Waffentragen, Fluchen, Prostitution, Lärmen, Musizieren, Gotteslästerung, spielende Kinder – alles und jeder konnte dabei ins Visier der Ordnungshüter kommen. Bezieht man die Regeln für Handel, Zölle, Ausübung des Berufes durch Gilden und Preisfestsetzungen für allerlei Waren durch den Magistrat mit ein, war das vor- und frühmoderne Zusammenleben nicht weniger reguliert als heute. Der Unterschied waren Kontrolle und Durchsetzungskraft, die der Obrigkeit häufig nicht gegeben war.

Wurde jemand bei unrechter oder unsittlicher Tat erwischt, gab es Gerichtsinstanzen, die Urteile fällten. Die mittelalterlichen Gerichtstage wurden an der „Dingstätte“ im Freien abgehalten. Die Tradition des Ding geht zurück auf den altgermanischen Thing, bei dem sich alle freien Männer versammelten, um Recht zu sprechen. Der Stadtrat bestellte einen Richter, der für alle Vergehen zuständig war, die nicht dem Blutgericht unterlagen. Ihm zur Seite stand ein Kollegium aus mehreren Geschworenen. Strafen reichten von Geldbußen über Pranger und Kerker. Auch die Einhaltung der religiösen Ordnung wurde von der Stadt überwacht. „Ketzer“ und Querdenker wurden nicht von der Kirche, sondern der Stadtregierung gemaßregelt.

Der Strafvollzug beinhaltete auch weniger humane Methoden als heutzutage üblich, es wurde aber nicht wahllos und willkürlich gefoltert. Folter als Teil des Verfahrens in besonders schweren Fällen war aber ebenfalls geregelt. Verdächtige und Verbrecher wurden im Innsbruck bis zum 17. Jahrhundert im Kräuterturm an der südöstlichen Ecke der Stadtmauer, am heutigen Herzog-Otto-Ufer, festgehalten und traktiert. Sowohl Verhandlung wie auch Strafverbüßung waren öffentliche Prozesse. Dem Stadtturm stand das Narrenhäusel, ein Käfig, in den Menschen eingesperrt und zur Schau gestellt wurden. Auf dem hölzernen Schandesel wurde man bei kleineren Vergehen durch die Stadt gezogen. Der Pranger stand in der Vorstadt, der heutigen Maria-Theresien-Straße. Eine Polizei gab es nicht, der Stadtrichter beschäftigte aber Knechte und an den Stadttoren waren Stadtwächter aufgestellt, um für Ruhe zu sorgen. Es war Bürgerpflicht, bei der Erfassung von Verbrechern mitzuhelfen. Selbstjustiz war verboten.

Die Zuständigkeiten zwischen städtischer und landherrschaftlicher Justiz war seit 1288 im Urbarbuch geregelt. Über schwere Vergehen hatte weiterhin das Landesgericht zu bestimmen. Diesem Blutrecht unterlagen Verbrechen wie Diebstahl, Mord oder Brandstiftung. Das Landesgericht für alle Gemeinden südlich des Inns zwischen Ampass und Götzens war auf der Sonnenburg, die sich südlich oberhalb Innsbrucks befand. Im 14. Jahrhundert siedelte das Landgericht Sonnenburg an den Oberen Stadtplatz vor dem Innsbrucker Stadtturm, später ins Rathaus und in der frühen Neuzeit nach Götzens. Mit der Zentralisierung des Rechtes im 18. Jahrhundert kam das Gericht Sonnenburg zurück nach Innsbruck und fand unter wechselnden Bezeichnungen sowie in wechselnden Gebäuden wie dem Leuthaus in Wilten, am Innrain oder am Ansitz Ettnau, bekannt als Malfatti-Schlössl, in der Höttinger Gasse Unterschlupf.

Der Scharfrichter Innsbrucks war ab dem späten 15. Jahrhundert zentralisiert für mehrere Gerichte zuständig und in Hall ansässig. Die Richtstätten befanden sich durch die Jahre an mehreren Orten. Auf einem Hügel im heutigen Stadtteil Dreiheiligen befand sich lange direkt an der Landesstraße ein Galgen. Der Köpflplatz befand sich bis 1731 der heutigen Ecke Fallbachgasse / Weiherburggasse in Anpruggen. In Hötting stand der Galgen hinter der Kapelle zum Großen Gott. Der Verurteilte konnte hier ein letztes Gebet zum Himmel schicken, bevor ihm der Strick um den Hals gelegt oder der Kopf abgeschlagen wurde, je nachdem welchen Status in der Gesellschaft er hatte und welches Verbrechen begangen worden war. Es war nicht unüblich, dass der Verurteilte seinem Henker eine Art Trinkgeld zusteckte, damit sich dieser bemühte, möglichst genau zu zielen, um so die Hinrichtung so schmerzlos wie möglich zu gestalten. Viel konnte schiefgehen. Traf das Schwert nicht genau, wurde die Schlinge nicht sorgfältig umgelegt oder riss gar das Seil, erhöhte sich das Leiden des Verurteilten. Für die Obrigkeit und öffentliche Ordnung besonders schädliche Delinquenten wie der „Ketzer“ Jakob Hutter oder die gefassten Anführer der Bauernaufstände von 1525 und 1526 wurden vor dem Goldenen Dachl publikumstauglich hingerichtet. „Peinliche“ Strafen wie Vierteilen oder Rädern, vom lateinischen Wort poena abgeleitet, waren nicht an der Tagesordnung, konnten in speziellen Fällen aber angeordnet werden. Hinrichtungen waren eine Machtdemonstration der Obrigkeit und öffentlich. Sie galt als eine Art der Reinigung der Gesellschaft von Verbrechern und sollte als Abschreckung dienen. Große Menschenmengen versammelten sich, um den Galgenvogel auf seinem letzten Weg zu begleiten. An der Universität wurde an den Hinrichtungstagen der Unterricht ausgesetzt, um den Studenten die Anwesenheit zu ermöglichen und sie zu läutern. Die Leichen der Hingerichteten wurden oft hängengelassen und außerhalb des geweihten Bereichs der Friedhöfe begraben oder der Universität für Studienzwecke überlassen. Die letzte öffentliche Hinrichtung der österreichischen Geschichte fand 1868 statt. Zimperlich war man zwar auch dann nicht, ein Spektakel vor Publikum waren die Tötungen am Würgegalten, der bis in die 1950er das Mittel der Wahl bei Hinrichtungen war, aber zumindest nicht mehr.

Mit der Zentralisierung des Rechts unter Maria Theresia und Josef II im 18. und dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch im 19. Jahrhundert unter Franz I. ging das Recht von Städten und Landesfürsten an den Monarchen und deren Verwaltungsorgane auf verschiedenen Ebenen über. Die Folter wurde abgeschafft. Die Aufklärung hatte die Vorstellung von Recht, Strafe und Resozialisierung grundlegend verändert. Auch die Einhebung von Steuern wurde zentralisiert, was einen großen Bedeutungsverlust des lokalen Adels und eine Aufwertung der Beamtenschaft zur Folge hatte. Mit der zunehmenden Zentralisierung unter Maria Theresia und Josef II. wurden auch Steuern und Zölle nach und nach zentralisiert und von der Reichshofkammer eingehoben. Innsbruck verlor dadurch, wie viele Kommunen in dieser Zeit, Einnahmen in großer Höhe, die nur bedingt über Ausgleiche aufgefangen wurden.

Andreas Hofer und die Tiroler Erhebung von 1809

Die Zeit der Napoleonischen Kriege bescherte dem Land Tirol ein nationales Epos und mit Andreas Hofer einen Helden, dessen Glanz bis in die heutige Zeit strahlt. Subtrahiert man allerdings die sorgsam konstruierte Legende vom Tiroler Aufstand gegen die Fremdherrschaft, war die Zeit vor und nach 1809 ein dunkles Kapitel in der Innsbrucker Stadtgeschichte, geprägt von wirtschaftlichen Nöten, Kriegsverheerung und mehreren Plünderungen. Das Königreich Bayern war während der Napoleonischen Kriege mit Frankreich verbündet und konnte in mehreren Auseinandersetzungen zwischen 1796 und 1805 das Land Tirol von den Habsburgern übernehmen. Innsbruck war nicht mehr Hauptstadt eines Kronlandes, sondern nur noch eine von vielen Kreishauptstädten der Verwaltungseinheit Innkreis. Einnahmen aus Maut und Zoll sowie auf das Haller Salz verließen das Land Richtung Norden. Die britische Kolonialsperre gegen Napoleon hatte zur Folge, dass der stets florierende und Wohlstand bringende Innsbrucker Fernhandel und das Transportwesen als Wirtschaftszweige einbrachen. Innsbrucker Bürger mussten bayerische Soldaten in ihren Häusern einquartieren. Die Aufhebung der Tiroler Landesregierung, des Guberniums und des Tiroler Landtags bedeuteten aber nicht nur den Verlust von Status, sondern auch von Arbeitsplätzen und finanziellen Mitteln. Ganz vom Geist der Aufklärung, der Vernunft und der Französischen Revolution beseelt, machten sich die neuen Landesherren daran, die althergebrachte Ordnung umzukrempeln. Während die Stadt, wie es zu jeder Zeit ist, unter dem Kriegstreiben finanziell litt, eröffneten sich gesellschaftspolitisch durch den Umbruch neue Möglichkeiten. Der Krieg ist der Vater aller Dinge, vielen Bürgern kam der frische Wind nicht ungelegen. Moderne Gesetze wie die Gassen-Säuberungs-Ordnung oder eine verpflichtende Pockenimpfung sollten Sauberkeit und Gesundheit in der Stadt zuträglich sein. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts verstarb noch immer eine beträchtliche Anzahl von Menschen an Krankheiten, die auf mangelnde Hygiene und verseuchtem Trinkwasser zurückzuführen waren. Ein neues Steuersystem wurde eingeführt und die Befugnisse des Adels weiter verringert. Die bayerische Verwaltung erlaubt das 1797 verbotene Vereinswesen wieder. Auch das Zurückdrängen der Kirche aus dem Bildungswesen gefiel liberalen Innsbruckern. So wurde der Benediktinerpater und spätere Mitbegründer des Musikvereins Innsbrucks Martin Goller wurde nach Innsbruck berufen, um die musikalische Ausbildung zu forcieren.

Diese Reformen behagten einem großen Teil der Tiroler Bevölkerung nicht. Die Durchführung katholischer Prozessionen und religiöser Feste fielen dem aufklärerischen Programm der neuen Landesherren zum Opfer. Die Unzufriedenheit wuchs stetig. Der Funke, der das Pulverfass zur Explosion brachte, war die Aushebung junger Männer zum Dienst in der bayrisch-napoleonischen Armee, obwohl Tiroler seit dem Landlibell, einem Gesetz Kaiser Maximilians, nur für die Verteidigung der eigenen Grenzen herangezogen werden durften. Am 10. April kam es bei einer Aushebung in Axams bei Innsbruck zu einem Tumult, der schließlich zu einem Aufstand führte. Für Gott, Kaiser und Vaterland kamen Abteilungen der Tiroler Landesverteidigung zusammen, um den kleinen Armeeteil und die Verwaltungsbeamten der Bayern aus Innsbruck zu vertreiben. Angeführt wurden die Schützen von Andreas Hofer (1767 – 1810), einen Wirt, Wein- und Pferdehändler aus dem Südtiroler Passeiertal bei Meran. Ihm zur Seite standen nicht nur weitere Tiroler wie Pater Haspinger, Peter Mayr und Josef Speckbacher, sondern im Hintergrund auch der Habsburger Erzherzog Johann.

In Innsbruck angekommen plünderten die Schützen nicht nur offizielle Einrichtungen. Wie bereits beim Bauernaufstand unter Michael Gaismair war der Heldenmut nicht nur von Adrenalin, sondern auch von Alkohol beflügelt. Der wilde Mob war für die Stadt wohl schädlicher als die bayrischen Verwalter seit 1805. Vor allem gegen bürgerliche Damen und den kleinen jüdischen Bevölkerungsanteil Innsbrucks kam es zu heftigen Ausschreitungen der „Befreier“.

Im Juli 1809 hatten Bayern und Franzosen die Kontrolle über Innsbruck nach dem mit den Habsburgern geschlossenen Frieden von Znaim, der vielen bis heute als Wiener Verrat am Land Tirol gilt, zurückerlangt. Was nun folgte, war das, was als Tiroler Erhebung unter Andreas Hofer, der mittlerweile das Oberkommando über die Tiroler Landesverteidigung übernommen hatte, in die Geschichtsbücher eingehen sollte. Insgesamt drei Mal konnten die Tiroler Aufständischen den Sieg vom Schlachtfeld tragen. Besonders bekannt ist die 3. Schlacht im August 1809 am Berg Isel. „Innsbruck sieht und hört, was es noch nie gehört und gesehen: eine Schlacht von 40.000 Kombattanten…“ Für kurze Zeit war Andreas Hofer in Ermangelung regulärer Tatsachen Oberkommandant Tirols, auch für zivile Angelegenheiten. Finanziell änderte sich die missliche Lage Innsbrucks nicht. Anstelle der bayerischen und französischen Soldaten mussten die Stadtbürger nun ihre Landsleute aus dem Bauernregiment beherbergen und verköstigen und Abgaben für die neue Landesregierung entrichten. Besonders die liberalen und vermögenden Eliten der Stadt waren nicht glücklich mit den neuen Stadtherren. Die von ihm als Landeskommandant erlassenen Verordnungen erinnern eher an einen Gottesstaat als ein Gesetzwerk des 19. Jahrhunderts. Frauen durften nur noch züchtig verhüllt auf die Straße gehen, Tanzveranstaltungen wurden verboten und freizügige Denkmäler wie die am Leopoldsbrunnen zu besichtigenden Nymphen wurden aus dem öffentlichen Raum verbannt. Bildungsagenden sollten wieder an den Klerus gehen. Liberale und Intellektuelle wurden verhaftet, dafür wurde das Rosenkranzbeten zum Gebot.

Am Ende gab es im Herbst 1809 in der vierten und letzten Schlacht am Berg Isel eine empfindliche Niederlage gegen die französische Übermacht. Die Regierung in Wien hatte die Tiroler Aufständischen vor allem als taktischen Prellbock im Krieg gegen Napoleon benutzt. Bereits zuvor hatte der Kaiser das Land Tirol offiziell im Friedensvertrag von Schönbrunn wieder abtreten müssen. Innsbruck war zwischen 1810 und 1814 wieder unter bayrischer Verwaltung. Auch die Bevölkerung war nur noch mäßig motiviert, Krieg zu führen. Wilten wurde von den Kampfhandlungen stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Dorf schrumpfte von über 1000 Einwohnern auf knapp 700. Hofer selbst war zu dieser Zeit bereits ein von der Belastung dem Alkohol gezeichneter Mann. Er wurde gefangengenommen und am 20. Januar 1810 in Mantua hingerichtet. Zu allem Überfluss wurde das Land geteilt. Das Etschtal und das Trentino wurden Teil des von Napoleon aus dem Boden gestampften Königreich Italien, das Pustertal wurde den französisch kontrollierten Illyrischen Provinzen angeschlossen.

Der „Freiheitskampf“ symbolisiert bis heute für das Tiroler Selbstverständnis. Lange Zeit galt Andreas Hofer als unumstrittener Held und als Prototyp des wehrhaften, vaterlandstreuen und standhaften Tirolers. Der Underdog, der sich gegen die fremde Übermacht und unheilige Sitten wehrte. Tatsächlich war Hofer wohl ein charismatischer Anführer, ein politisch aber unbegabter und konservativ-klerikaler, simpler Geist. Seine Taktik bei der 3. Schlacht am Berg Isel „Grad nit aufferlassen tiat sie“ (Ann.: Ihr dürft sie nur nicht heraufkommen lassen) fasst sein Wesen wohl ganz gut zusammen.

In konservativen Kreisen Tirols wie den Schützen wird Hofer unkritisch und kultisch verehrt. Das Tiroler Schützenwesen ist gelebtes Brauchtum, das sich zwar modernisiert hat, in vielen dunklen Winkeln aber noch reaktionär ausgerichtet ist. Wiltener, Amraser, Pradler und Höttinger Schützen marschieren immer noch einträchtig neben Klerus, Trachtenvereinen und Marschmusikkapellen bei kirchlichen Prozessionen und schießen in die Luft, um alles Übel von Tirol und der katholischen Kirche fernzuhalten.

Über die Stadt verteilt erinnern viele Denkmäler an das Jahr 1809. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr eine Heroisierung der Kämpfer, die als deutsches Bollwerk gegen fremde Völkerschaften charakterisiert wurden. Der Berg Isel wurde der Stadt für die Verehrung der Freiheitskämpfer vom Stift Wilten, der katholischen Instanz Innsbrucks, zur Verfügung gestellt. Andreas Hofer und seinen Mitstreitern Josef Speckbacher, Peter Mayer, Pater Haspinger und Kajetan Sweth wurden im Stadtteil Wilten, das in der Zeit des großdeutsch-liberal dominierten Gemeinderats 1904 zu Innsbruck kam und lange unter der Verwaltung des Stiftes gestanden hatte, Straßennamen gewidmet. Das kurze Rote Gassl im alten Kern von Wilten erinnert an die Tiroler Schützen, die, in ihnen wohl fälschlich nachgesagten roten Uniformen, dem siegreichen Feldherrn Hofer nach dem Sieg in der zweiten Berg Isel Schlacht an dieser Stelle in Massen gehuldigt haben sollen.

In Tirol wird Andreas Hofer bis heute gerne für alle möglichen Initiativen und Pläne vor den Karren gespannt. Vor allem im Nationalismus des 19. Jahrhunderts berief man sich immer wieder auf den verklärten Helden Andreas Hofer. Hofer wurde über Gemälde, Flugblätter und Schauspiele zur Ikone stilisiert. Aber auch heute noch kann man das Konterfei des Oberschützen sehen, wenn sich Tiroler gegen unliebsame Maßnahmen der Bundesregierung, den Transitbestimmungen der EU oder der FC Wacker gegen auswärtige Fußballvereine zur Wehr setzen. Das Motto lautet dann „Mannder, s´isch Zeit!“. Die Legende vom wehrfähigen Tiroler Bauern, der unter Tags das Feld bestellt und sich abends am Schießstand zum Scharfschützen und Verteidiger der Heimat ausbilden lässt, wird immer wieder gerne aus der Schublade geholt zur Stärkung der „echten“ Tiroler Identität. Die Feiern zum Todestag Andreas Hofers am 20. Februar locken bis heute regelmäßig Menschenmassen aus allen Landesteilen Tirols in die Stadt. 

Erst in den letzten Jahrzehnten setzte eine kritische Betrachtung des erzkonservativen und mit seiner Aufgabe als Tiroler Landeskommandanten wohl überforderten Schützenhauptmanns ein, der angestachelt von Teilen der Habsburger und der katholischen Kirche nicht nur Franzosen und Bayern, sondern auch das liberale Gedankengut der Aufklärung vehement aus Tirol fernhalten wollte.