Innbrücke
Gegenüber Innstraße 5 / Innrain 1
Wissenswert
Man könnte sagen, die Innbrücke war die Geburtshelferin Innsbrucks. Sie ist Namensgeber für die Stadt und war lange Zeit die einzige Brücke, die die heutige Altstadt mit den älteren Stadtteilen St. Nikolaus und Mariahilf verband. Bereits das erste noch erhaltene Wappen Innsbrucks stammt aus dem Jahr 1267 und zeigt die Innbrücke auf den damals zur Sicherung verwendeten Steinkästen. Die Innbrücke war es auch, die der Stadt ihren Wohlstand verschaffte. Die Grafen von Andechs erkannten die Bedeutung des Knotenpunkts zwischen Nord und Süd im Warenverkehr und ließen eine Brücke über den Inn bauen. Bis dahin war die einzige Brücke über den Inn in dieser Gegend das Überbleibsel aus der Antike beim römischen Militärlager Teriolis, dem heutigen Martinsbühel bei Zirl.
Das Überqueren des Flusses auf der neuen Brücke hatte seinen Preis für die Händler. An der Innbrücke wurde Zoll auf Waren eingehoben, die nach Innsbruck kamen. Nicht nur füllte der Zoll die Stadtkasse, die Bürger genossen auch die Passage der Händler, die ansonsten im Alpenraum nur schwer verfügbare Güter teils zum Verkauf in der Stadt anbieten mussten. Wein, Bier, Fleisch, Salz, Gewürze, Textilien – Innsbruck hob sich dank des Warenverkehrs über die Innbrücke vom Umland ab. Für die Kaufleute war die Brücke eine sicherere, zuverlässigere und schnellere Möglichkeit den Fluss zu passieren.
1871 wurde die regelmäßig von Hochwasser zerstörte Holzbrücke durch eine von nur zwei Betonpfeilern getragene, 83 m lange Eisenfachwerkbrücke ersetzt. Damals hatte Innsbruck auf Grund der Eisenbahn und der Neuerungen im Transportwesen seine Bedeutung als Umschlagplatz verloren, der zunehmende innerstädtische Verkehr machte die Renovierung aber dringend notwendig. Auch der Innsteg östlich der großen Brücke, der eingerichtet wurde, um die damals durchaus noch übliche Fahrt mit der Fähre über den Inn endgültig zu ersetzen, wurde im selben Jahr gebaut. Bis dahin waren noch Flöße mit Waren, vor allem Holz aus dem Tiroler Oberland, am Inn unterwegs, die in St. Nikolaus anlegten. Der Waltherpark, früher Innpark, vor dem Turnusvereinshaus wurde nach Abriss des Floßabladeplatzes errichtet.
1982 wurde die Innbrücke in ihre aktuelle Form gebracht. Die letzte Renovierung samt Verbreiterung fand 2023 statt.
Ein besonderes Schmankerl Innsbrucker Kulturgeschichte befindet sich mittig auf der Innbrücke. Das Kruzifix des Thaurer Künstlers Rudi Wach, das Christus in allzu menschlicher Art und Weise nackt und ohne Wunden zeigt, sollte 1986 aufgestellt werden. Unter dem Druck einer Unterschriftenkampagne besonders frommer Tiroler musste dieses „Skandalwerk“ bis 2007 im Volkskunstmuseum ausharren, bis Innsbrucks erste Bürgermeisterin Hilde Zach es doch noch aufstellen ließ, offiziell um dem Himmlischen für die Verschonung der Stadt vor dem Hochwasser von 2005 zu danken.
Die Grafen von Andechs und die Gründung Innsbrucks
Das 12. Jahrhundert brachte wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwung und gilt als eine Art vorgezogener mittelalterlicher Renaissance. Über den Umweg der Kreuzzüge kam es zum verstärkten Austausch mit den in vielerlei Hinsicht weiter entwickelten Kulturen des Nahen Ostens. Arabische Gelehrte brachten über Südspanien und Italien Übersetzungen griechischer Denker wie Aristoteles nach Europa. Das Römische Recht wurde an den ersten Universitäten südlich der Alpen wiederentdeckt. Neue landwirtschaftliche Erkenntnisse und ein günstiges Klima, das bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts anhalten sollte, ermöglichten die Entstehung von Städten und größeren Siedlungen. Eine dieser Siedlungen befand sich nördlich des Klosters Wilten zwischen dem Inn und der Nordkette.
Nach dem Verschwinden des weströmischen Reiches und der dazugehörenden Verwaltung übernahmen verschiedene germanische Stämme wie die Ostgoten und Franken die Kontrolle über das Gebiet des heutigen Innsbrucks. Sie beließen kirchliche Einrichtungen und Strukturen zur Verwaltung des Gebiets, waren Kleriker doch vielfach die einzigen Schriftgelehrten. Eine kleine Oberschicht geharnischter Aristokraten herrschte in strenger Hierarchie über die Mehrzahl der Bevölkerung, die zu 90% in der Landwirtschaft arbeitete.
Im 6. Jahrhundert kam es zunehmend zu bairischer Besiedlung des Inntals. Die Herzöge von Bayern wurden in der Zeit Karls des Großen (ca. 748 – 814) zu Lehensmännern der Deutschen Könige, deren Reich sich über weite Teile Zentraleuropas und Norditalien erstreckte. Die breonisch-romanisierte Bevölkerung wurde nach kleineren Auseinandersetzungen verdrängt. Man teilte jedoch Teile der christlich geprägte Kultur des Heiligen Römischen Reichs. Politisch beschränkte sich die Bedeutung des Nordtiroler Raumes vor allem auf den Bereich Transit.
Tirol hatte mit dem Reschen- und dem Brennerpass über zwei niedrige Alpenübergänge, die für die kaiserliche Verbindung zwischen den deutschen Ländern im Norden und den Ländereien in Italien wichtig waren. Im Jahr 1024 wurde der Salier Konrad II., ein Konkurrent der Bayerischen Herzöge aus dem Hause Wittelsbach, zum König gewählt. Um diese beiden Alpenübergänge weg von seinen bayrischen Konkurrenten und unter die Kontrolle der ihm treuen Reichskirche zu bringen, sprach Konrad II. das Territorium Tirols 1027 den Bischöfen von Brixen und Trient als Lehen zu. Die Bischöfe wiederum benötigten sogenannte Vögte für die Verwaltung dieser Ländereien und die Rechtsprechung.
Diese Vögte des Bischofs von Brixen waren die Grafen von Andechs. Die Andechser mögen heute im Schatten der Welfen, Staufer, Wittelsbacher und Habsburger stehen, waren im Hochmittelalter aber ein einflussreiches Geschlecht. Sie stammten aus der Gegend des bayerischen Ammersees und besaßen Güter in Oberbayern zwischen Lech und Isar sowie östlich von München. Über geschickte Heiratspolitik waren sie an die Titel der Herzöge von Meranien, einer Gegend an der dalmatischen Küste, und Markgrafen von Istrien gekommen. Damit stiegen sie im Rang innerhalb des Heiligen Römischen Reiches auf. Um Verwaltung und späteres Seelenheil in einem sicherzustellen, gründeten sie im 12. Jahrhundert das Kloster Dießen und das Kloster am Heiligen Berg Andechs oberhalb des Ammersees. 1165 kam Otto V. von Andechs auf den Bischofssitz in Brixen und vergab die Vogtei über dieses Hochstift an seinen Bruder. Ab nun verwalteten sie den mittleren Teil des Inntals, das Wipptal, das Pustertal und das Eisacktal.
Innsbruck erstreckt sich heute zu beiden Seiten entlang des Inns. Im 12. Jahrhundert stand dieses Gebiet unter dem Einfluss zweier Grundherren. Südlich des Inns übte das Stift Wilten die Grundherrschaft aus. Das Gebiet nördlich des Flusses stand unter der Verwaltung der Andechser. Während das südliche Stadtgebiet rund um das Stift schon früh landwirtschaftlich genutzt wurde, war das Schwemmgebiet des nicht regulierten Gewässers vor dem Hochmittelalter nicht kultivierbar und wenig besiedelt.
Das Inntal war dicht bewaldet und wild. Die Menschen dieser Zeit arbeiteten zum allergrößten Teil in der Landwirtschaft, die von ihrem Grundherren betrieben wurde. Sie lebten in armseligen Hütten aus Lehm und Holz. Medizinische Versorgung außerhalb der Städte gab es kaum, die Kindersterblichkeit war hoch und kaum jemand wurde älter als 50 Jahre alt. Etwa um das Jahr 1133 gründeten die Andechser hier den Markt Anbruggen und verbanden das nördliche und das südliche Innufer über eine Brücke. Aus dem landwirtschaftlich nicht nutzbaren Stück Land am Fuß der Nordkette war durch den Bau der Brücke ein Handelsplatz geworden. Sie erleichterte den Warenverkehr in den Ostalpen ungemein. Die Brennerroute war durch eine der Neuerungen der mittelalterlichen Renaissance interessanter geworden: neue Zuggeschirre ermöglichten es die steilen Anstiege mit Fuhrwerken zu bewältigen. Die kürzere Via Raetia hatte die Via Claudia Augusta über den Reschenpass als Hauptverkehrsweg über die Alpen abgelöst. Die Zolleinnahmen des Handels zwischen den deutschen und italienischen Städten, die daraus erwirtschaftet wurden, ließen die Siedlung prosperieren. Im kleinen Markt siedelten sich Schmiede, Wirte und Handwerker an.
Anbruggen wuchs schnell, der Platz zwischen Nordkette und Inn war aber knapp bemessen. 1180 erwarb Berchtold V. von Andechs vom Kloster Wilten ein Stück Land auf der Südseite des Inns. Das war der Startschuss für Innsbruck. Die Grafen von Andechs ließen im Zuge der Errichtung der Stadtmauer die Andechser Burg bauen und verlegten ihren Stammsitz von Meran nach Innsbruck. Auch die neue Siedlung wuchs rasch dank der Zolleinnahmen.
Irgendwann zwischen 1187 und 1204 konnten sich die Innsbrucker über das Stadtrecht freuen. Als offizielles Gründungsdatum wird häufig 1239 herangezogen, als vom letzten Grafen aus der Andechser Dynastie Otto VIII. das Stadtrecht formal in einer Urkunde bestätigt wurde.
Innsbruck war zu dieser Zeit bereits die Münzprägestätte der Andechser und wäre wohl zur Hauptstadt in deren Fürstentum geworden. Es kam aber anders. 1246 zerstörten die bayerischen Wittelsbacher, die größten Konkurrenten der Andechser im süddeutschen Raum, deren Stammburg am Ammersee. Otto, der letzte Graf aus dem Haus Andechs-Meranien starb im Jahr 1248 ohne Nachkommen. 12 Jahre zuvor hatte er Elisabeth, die Tochter Graf Alberts VIII. von Tirol geheiratet. Dieses Adelsgeschlecht mit ihrer Stammburg in Meran übernahm damit die Lehen und Teile der Besitztümer inklusive der Stadt am Inn sowie die Erzfeindschaft mit den bayerischen Wittelsbachern.
Die Macht der Geographie
Was jedem Besucher Innsbrucks zuallererst auffällt, sind die Berge, die die Stadt einzukesseln scheinen. Diese Bergwelt ist nicht nur wunderschön anzusehen, sondern beeinflusste schon immer vieles in der Stadt. Das fängt bei vermeintlichen Kleinigkeiten wie dem Wetter an, wie uns der zeitgenössische Blick aus vergangenen Tagen beweist:
"Eine eigene Erscheinung ist der warme Wind oder Scirocco. Er kommt aus dem Süden, prallt am Nordgebirge ab, und fällt mit Gewalt ins Thal. Er macht gern Kopfweh, schmelzt aber die winterlichen Schneemasen schnell und befördert die Fruchtbarkeit ungemein. Dadurch wird in Innsbruck die Pflanzung des Maises möglich"
Dieses Wetterphänomen mag seinen Namen von Scirocco auf Föhn geändert haben und Verkehr war 1851 noch kein großes Problem. Genau wie der Innsbrucker Autofahrer heute jammerten aber mit Sicherheit der Hufschmied in der Altstadt im Jahr 1450 und der aus Mittelitalien in die Alpen abkommandierte Legionär im Jahr 350 über den warmen Fallwind, der mehrmals pro Monat alle verrückt zu machen scheint. Waren früher die Menschen froh um die warme, den Schnee auf den Feldern schmelzende Luft, jammern Touristiker heute über die aperen Skipisten auf der Nordkette.
Die Lage zwischen dem Wipptal im Süden und der Nordkette beeinflusst nicht nur die Migränehäufigkeit, sondern auch die Freizeitgestaltung der Innsbrucker, wie Beda Weber erkannte. "Die Einwohner zeichnen sich durch ihre Leutseligkeit und Wohlthätigkeit aus, sie lieben besonders Landausflüge in der schönen Jahreszeit.“ Man mag über Leutseligkeit und Wohlthätigkeit der Innsbrucker streiten, Landausflüge in Form von Wanderung, Skitour oder Radfahren erfreuen sich auch heute noch großer Beliebtheit. Kein Wunder, Innsbruck ist von Bergen umgeben. Innerhalb weniger Minuten kann man von jedem Ort in der Stadt aus mitten im Wald stehen. Junge Menschen aus ganz Europa verbringen ihre Studienzeit zumindest zu einem Teil an der Universität Innsbruck, nicht nur wegen der hervorragenden Professoren und Einrichtungen, sondern auch um ihre Freizeit auf den Pisten, Mountainbikerouten und Wanderwegen zu verbringen, ohne auf urbanes Flair vermissen zu müssen. Das ist Fluch und Segen zugleich. Die Universität als großer Arbeitgeber und Ausbildungsort kurbelt die Wirtschaft an, gleichzeitig steigen durch auswärtige Studenten die Lebenserhaltungskosten in der Stadt, die zwischen den Bergen eingeklemmt räumlich nicht weiterwachsen kann.
Der Aufstieg Innsbrucks zum politischen Zentrum Tirols im 15. Jahrhundert ist ebenfalls zu einem großen Teil auf die Lage der Stadt zurückzuführen. Die ehemalige Landeshauptstadt Meran hatte in ihrer Abgelegenheit keine Chance gegen den Knotenpunkt zwischen Brenner, Scharnitz und Achenpass. Der Brennerpass ist sehr niedrig und erlaubt es, den Alpengürtel, der sich rund um Italiens Nordgrenze schlängelt, verhältnismäßig einfach zu überqueren. In den Zeiten vor die Eisenbahn Waren und Menschen mühelos von A nach B brachte, war die Alpenüberquerung harte Arbeit, der Brenner eine willkommene Erleichterung.
Der Standort zwischen Italien und Deutschland begünstigte auch den Tourismus, der schon früh Fuß fassen konnte. Reisende schätzten die Kombination aus leichter Erreichbarkeit, städtischer Infrastruktur und alpinem Flair. Mit der Erschließung des Landes im Gebirge durch die Eisenbahn konnte man bequem anreisen, seine Freizeit in der Bergwelt oder einem der Kurbäder verbringen, ohne auf den Komfort des Stadtlebens verzichten zu müssen.
Neben den Bergen waren die Flüsse maßgeblich an der Entwicklung Innsbrucks beteiligt. Das Trinkwasser kam seit den Zeiten Maximilians von der Nordkette in einer Leitung in die Stadt, für alles andere waren Inn und Sill zuständig. Am Inn wurde gewaschen, Abfälle wurden entsorgt und das Vieh zur Tränke geführt. Waren wurden auf Flößen am Inn von Westen nach Innsbruck und von Innsbruck nach Osten verschifft. Die Innbrücke spülte Zolleinnahmen in die Stadtkassa. Ebenso wichtig wie der Inn war der kleinere Fluss, der Innsbruck durchquert. Dort wo heute die Sill die Sillschlucht verlässt, entstand am Grund des Stiftes Wilten der Sillkanal, der die Stadt mit Wasser versorgte. Anfangs vor allem zum Brandschutz gedacht, machten sich die Betriebe an diesem künstlich angelegten Kanal das fließende Wasser bald für den Betrieb von Mühlen zur Energiegewinnung dienstbar. Die Kleine Sill floss knapp 3 Kilometer von Wilten zur Innenstadt zum Gebiet der heutigen Ing.-Etzel-Straße im Saggen und Dreiheiligen bis zur Pradler Brücke, wo sie sich wieder mit dem Hauptfluss vereinigte. Knapp 700 Jahre lang versorgte der Sillkanal Innsbruck mit Wasser und Energie. Erst in den 1970er Jahren verschwanden die letzten Teile davon, nachdem Bombentreffer ihn während des Zweiten Weltkriegs beschädigt hatten.
Nicht zuletzt ist es der breite Talkessel, der die Entwicklung Innsbrucks begünstigte. Während die Bauern in den höhergelegenen Seitentälern harte Bedingungen vorfanden, bot das Inntal fruchtbaren Boden und genügend Fläche für Viehzucht und Ackerwirtschaft. Die Urbarmachung der Landschaft erlaubte das Wachstum der Stadt. Im 13. Jahrhundert war es rund um Innsbruck wie in vielen Teilen Europas deshalb zu frühen großen und langfristigen Eingriffen des Menschen für wirtschaftliche Zwecke in die Natur gekommen. Bis ins Hochmittelalter war das Inntal wesentlich stärker bewaldet gewesen. Durch das Städtewachstum und den Bevölkerungsaufstieg stieg auch der Bedarf nach Nahrungsmitteln. Anders als oft dargestellt, war das Mittelalter keine primitive Zeit des Stillstands, während der Menschen sich zum Allmächtigen betend den unerklärlichen Naturgewalten aussetzten. Es war eine dynamische Zeit, vor allem ab dem 12. Jahrhundert verließ man sich nicht mehr auf Gebete und Gottes Gnade, um den Auswirkungen regelmäßig auftretender Ernteausfälle zu entkommen. Innovationen wie die Dreifelderwirtschaft ermöglichten die Ernährung der landwirtschaftlich gesehen unproduktiven Stadtbevölkerung, die man im modernen Sprachgebrauch als Overhead bezeichnen würde. Der Mais, den Beda Weber schon 1851 im Innsbrucker Stadtbild für erwähnenswert hielt, wächst noch immer munter vor sich hin und gibt auch heute großen Flächen am Stadtrand einen landwirtschaftlichen Anstrich.