Innsbruck als Teil des Imperium Romanum
Innsbruck als Teil des Imperium Romanum
Es gab zwar keine Tiroler Volksfront, das Zitat aus Life of Brian könnte so aber wohl auch im vorchristlichen Innsbruck gefallen sein:
„Mal abgesehen von der Medizin, den sanitären Einrichtungen, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?“
Auch Innsbruck stand über Jahrhunderte im Einflussgebiet des Imperium Romanum. Nach und nach wurde der Raum östlich der Provinz Gallien von den Römern unter Kaiser Augustus erobert. Damit sollten Einfälle von Kelten und Raetern in den oberitalienischen Bereich des Römischen Reiches verhindert und gleichzeitig die römischen Provinzen an der Adria mit den Provinzen in den Westalpen verbunden werden. Im Jahr 15 vor der Zeitenwende eroberten die Feldherren Tiberius und Drusus, beide Stiefsöhnen Kaiser Augustus‘, von Westen und Süden kommend das Inntal. Das Inntal war wichtig für Verkehr, Durchgang und Handel am äußeren Rand dieses Wirtschaftsraumes.
Der Verkehrsweg zwischen dem Seefelder Sattel und dem Brenner existierte bereits vor der römischen Eroberung. Nach und nach bauten die Römer diese Via Raetia aus. Etwas über fünf Meter breit verlief sie vom Brenner bis zur Ferrariwiese, wo später das Gericht, die Sonnenburg, stehen sollte über den Berg Isel bis zum heutigen Gasthaus Haymon. Über dieses Straßennetz war das Militärlager Castell Veldidena in einen Wirtschaftsraum von Großbritannien über das Baltikum bis Nordafrika eingebunden. Die Via Raetia löste die Via Claudia Augusta, die über den Reschen- und Fernpass Italien und Bayern verband, als wichtigsten Verkehrsweg über die Alpen ab. Einen der römischen Meilensteine kann man in der Wiesengasse in der Nähe des Tivolistadions besichtigen.
Das heutige Tirol wurde am Fluss Ziller geteilt. Das Gebiet östlich des Ziller wurde Teil der Provinz Noricum, Innsbruck hingegen wurde ein Teil der Provinz Raetien. Sie reichte von der heutigen Innerschweiz mit dem Gotthardmassiv im Westen bis zum Alpenvorland nördlich des Bodensees, dem Brenner im Süden und eben dem Ziller im Osten. Der Ziller als Grenze hat im kirchenrechtlichen Sinn bei der Einteilung Tirols bis heute Bestand. Das Gebiet östlich des Ziller gehört zum Bistum Salzburg, während Tirol westlich vom Ziller zum Bistum Innsbruck zählt.
Die Römer brachten viele ihrer Kulturleistungen wie Glas- und Ziegelproduktion, die lateinische Sprache, Badhäuser, Thermen, Schulen und Wein mit über den Brenner. Der Raum um Innsbruck wurde romanisiert. Veldidena wurde von der Sill im Osten, dem Südring Norden und der Stafflerstraße im Westen begrenzt. Vier mächtige Wachtürme und eine über 2 m dicke Mauer begrenzten das Castell, in dem mehr als 500 Soldaten stationiert waren. Rund um das Militärlager entstand ein Handelsstützpunkt, ein Dorf mit Schenke und Handwerk.
Das wichtigste Überbleibsel des Imperium Romanum in Tirol war die Religion und das Gesellschafsmodell, das damit verbunden war. Nachdem das Christentum im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion geworden war, wurde auch der Tiroler Raum missioniert. Die Heiligen des Christentums ersetzten die Vielgötterei. Alte Feste wie die Wintersonnwende, Erntedankbräuche oder der Frühlingsbeginn wurden in den christlichen Kalender integriert und von Weihnachten, Allerheiligen und Ostern ersetzt. Sagengestalten wie die Saligen Fräulein wurden auch von gläubigen Christen angebet. An die Stelle der vergöttlichten Römischen Kaiser traten Monarchie und Aristokratie. Der christliche Kirchenvater Paulus legte in seinem Römerbrief die theologische Basis für das Feudalwesen, das von der Kirchenkanzel ins Volk getragen wurde:
Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, ist sie von Gott angeordnet. Darum: Wer sich der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Anordnung; die ihr aber widerstreben, werden ihr Urteil empfangen. Denn die Gewalt haben, muss man nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, dann wirst du Lob von ihr erhalten. Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht die Strafe an dem, der Böses tut. Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen. Deshalb zahlt ihr ja auch Steuer; denn sie sind Gottes Diener, auf diesen Dienst beständig bedacht.
Im Stadtbild ist vom römischen Innsbruck kaum noch etwas vorhanden. Ausstellungsstücke sind im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum zu bewundern. In verschiedenen Ausgrabungsprojekten wurden rund um das heutige Stift Wilten Grabstätten und Überreste wie Mauern, Münzen, Ziegel und Alltagsgegenstände aus der römischen Zeit in Innsbruck gefunden. Der Kern des Leuthauses neben dem Stift geht auf die Römerzeit zurück.