Maximilian I. und seine Zeit

Zeughaus Innsbruck
Maximilian I. und seine Zeit

Maximilian zählt zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der europäischen und der Innsbrucker Stadtgeschichte. Über Tirol soll der passionierte Jäger gesagt haben: "Tirol ist ein grober Bauernkittel, der aber gut wärmt." Er machte Innsbruck in seiner Regierungszeit zu einem der wichtigsten Zentren des Heiligen Römischen Reichs. „Wer immer sich im Leben kein Gedächtnis macht, der hat nach seinem Tod kein Gedächtnis und derselbe Mensch wird mit dem Glockenton vergessen.“ Dieser Angst wirkte Maximilian höchst erfolgreich aktiv entgegen. Unter ihm spielten Propaganda, Bild und Medien eine immer stärkere Rolle, bedingt auch durch den aufkeimenden Buchdruck. Maximilian nutzte Kunst und Kultur, um sich präsent zu halten. So hielt er sich eine Reichskantorei, eine Musikkapelle, die vor allem bei öffentlichen Auftritten und Empfängen internationaler Gesandter zum Einsatz kam. Das Goldene Dachl, die Hofburg, die Hofkirche und das Innsbrucker Zeughaus wurden von ihm maßgeblich initiiert, ebenso die Befestigung der Straßen und Gassen der Altstadt durch Pflasterung. Er ließ den Handelsweg im heutigen Mariahilf verlegen und verbesserte die Wasserversorgung der Stadt. 1499 veranlasste Maximilian die Salvatorikapelle, ein Spital für die notleidenden Innsbrucker, die keinen Anspruch auf einen Platz im Stadtspital der Bruderschaft hatten umzubauen. Durch den kaiserlichen Hof, der immer wieder in Innsbruck ansässig war, bildete sich auch eine rege Bautätigkeit von außen. Gesandte und Politiker fremder Mächte sowie Adelige ließen sich ihren Wohnsitz in Innsbruck bauen oder übernachteten in den Wirtshäusern der Stadt. Kulturell war es vor allem seine zweite Ehefrau Bianca Maria Sforza, die Innsbruck förderte. Nicht nur die Hochzeit fand hier statt, sie residierte auch lange Zeit hier, war die Stadt doch näher an ihrer Heimat Mailand als die anderen Residenzen Maximilians. Sie brachte ihren gesamten Hofstaat aus der Renaissancemetropole mit in die deutschen Länder nördlich der Alpen. Innsbruck wurde unter Maximilian aber nicht nur auf künstlerischer Ebene zu einem Zentrum des Reiches, auch wirtschaftlich brummte die Stadt. Unter anderem war Innsbruck Zentrale des Postdienstes im Kaiserreich. Die Familie Thurn und Taxis (84) erhielt das Monopol auf diesen wichtigen Dienst und wählte Innsbruck als Zentrale ihrer privaten Reichspost. Die Fugger (85) unterhielten eine Kontorei in Innsbruck. Diplomaten aus ganz Europa und dem osmanischen Reich waren zu Gast in der Stadt. Neben seiner ihm gerne unterstellten Liebe für die Tiroler Natur waren ihm die Kostbarkeiten wie das Haller Salz und das Schwazer Silber mindestens ebenso teuer und nützlich. Seinen aufwändigen Hofstaat, die Wahl zum König durch die Kurfürsten und die vielen Kriege finanzierte sich Maximilian unter anderem durch Verpfändung der Bodenschätze des Landes an die reiche Kaufmannsfamilie Fugger aus Augsburg. Durch eine beginnende Zentralisierung seiner Hausmacht und eine effizientere Verwaltung nahm Maximilian eine gedachte Einheit Österreichs vorweg.  Beginnend mit ihm war die Kaiserkrone des Heiligen Römische Reichs, auch dank der finanziellen Kraft Tirols, fest in Habsburger Hand. Zu verdanken war diese Entwicklung einer geschickten Außenpolitik mit Krieg und Heirat. 1486 wurde Maximilian zum Kaiser gewählt, 1493 wurde gekrönt. Im 15. Jahrhundert allerdings war es schwer durch das politisch zerstückelte Italien nach Rom zu reisen. Die Habsburger standen zu dieser Zeit mit Venedig und Mailand auf Kriegsfuß. Die Serenissima Republica di San Marco verweigerte Maximilian den Durchzug. 1508 ließ er sich pragmatisch in Trient zum erwählten römischen Kaiser krönen, jedoch nicht salben. Das machte seinen Vater Friedrich III. zum letzten in Rom gesalbten Kaiser des Heiligen Römischen Reichs. Der Krieg mit Venedig endete zwar nicht mit einem Sieg Maximilians, Tirol wurden aber die eigentlich italienischen Gebiete des Trentino endgültig zugeschlagen. Die Südgrenze des Landes Tirol bei Riva sollte bis 1918 Bestand haben.

Häufig wird Maximilian auch als letzter Ritter und erster Kanonier bezeichnet. Er lebte in einer Zeit des Übergangs zwischen feudaler Armee unter der Führung der einzelnen Landesfürsten, die dem Kaiser unterstanden, und Söldnerheeren, die vom Landesherrn selbst bezahlt und unterhalten werden mussten. Die Rechnung der Finanzierung dieser Heere wurde unter anderem auch mit Tiroler Reichtum aus Salinen und Bergwerken bezahlt. In der Waffenherstellung konnte Maximilian auf das Fachwissen der Büchsenmeister aufbauen, die sich bereits unter seinem Vorgänger Siegmund in den Gießereien in Hötting etabliert hatten. Der berühmteste von ihnen war Peter „Löffler“ Laiminger. Die Geschichte der Löfflers ist im Roman Der Meister des siebten Siegels ausgezeichnet verarbeitet. Er erkannte aber auch, dass man Macht nicht nur am Schlachtfeld erringen kann. "Bella gerant alii, sed tu felix Austria nube! (Mögen andere Krieg führen, du glückliches Österreich, heirate!)" Hochzeiten waren seit jeher ein beliebtes Mittel zum Machterwerb, Maximilian aber perfektionierte diese Methode des Gambelns um Einfluss und Ländereien. Durch die Hochzeit mit seiner ersten Ehefrau Maria von Burgund konnte er große Gebietsgewinne verzeichnen. Das von Siegmund dem Münzreichen an Karl von Burgund verpfändete Vorderösterreich mit Elsass und Breisgau fielen ebenso an ihn wie das wohlhabende Burgund. Er stellte die Hochzeit mit Maria gerne als Liebeshochzeit dar. Ob das der Wahrheit entspricht, man möchte es dem jungen Mann wünschen, oder es eine Zweckhochzeit war wie die Ehen dieser Zeit in der Hocharistokratie für gewöhnlich waren, ist nicht ganz geklärt. Maria von Burgund allerdings war die Begründerin seiner Dynastie und es ließ sie wohl auch deshalb als besonders hübsch und geliebt am Goldenen Dachl darstellen. Durch die Hochzeit mit Maria von Burgund kamen aus den modernen Handelsstädten Brügge Modernisierung der Verwaltung und eine neue Art und Weise den Staat zu denken. Burgund war zu dieser Zeit am Weg zum modernen Flächenstaat in der Nähe zu Frankreich und zählte zu den wohlhabendsten Regionen Europas. Nachdem Maria bei einem Reitunfall tödlich verunglückte, heiratete er in zweiter Ehe Bianca Maria Sforza von Mailand, um den Machtbereich nach Süden zu stabilisieren. Auch seine Nachkommen waren vor dem Hochzeitsmanager Maximilian nicht sicher. Maximilian begründet die spanische Linie der Habsburger, die sich 200 Jahre lang halten konnte. Sein Sohn Philipp "der Schöne" wurde mit Johanna "der Wahnsinnigen" von Kastilien verheiratet. Sogar seine Enkel wurden im Spiel um Macht eingesetzt. Die Kinder von Philipp, Maria und Ferdinand, wurden von Maximilian schon im Kindesalter mit den Kindern des Königs von Ungarn und dem König von Polen in der Doppelhochzeit von Wien verheiratet. Als der König von Ungarn in der Schlacht von Mohacs fiel, ging auch die Krone Ungarns, Böhmens und Kroatiens an die Habsburger. Sein Enkel Karl V. regierte als Regent von Spanien und als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches über ein Riesenreich.

Bei den Tiroler Bauern war Maximilian nicht besonders beliebt. Viele Tiroler mussten auf den Schlachtfeldern des Kaisers den kaiserlichen Willen durchsetzen. Die Kriege gegen die Schweizer Eidgenossen im Westen und die Republik Venedig im Süden verlangten den wehrfähigen Männern oft mehr als nur die Landesverteidigung ab. Zudem beschnitt Maximilian die bäuerlichen Rechte der Allmende. Holzschlag, Jagd und Fischerei wurden dem Landesherrn unterstellt und waren kein Allgemeingut mehr. Das hatte negative Auswirkungen auf die bäuerliche Selbstversorgung. Fleisch und Fisch, im Mittelalter für lange Zeit ein Teil des Speiseplans gewesen. Mit den Beschränkungen und den neuen Gesetzen wurden der Verzehr gewöhnter Nahrungsmittel wie eben Wild seltener. Es war um 1500, dass aus Jägern Wilderer wurden. Mit den Tiroler Bischöfen von Brixen und Trient, den größten Grundherren Tirols, musste er eine Einigung erzielen über die Superiorität im Land. Über den geschickten politischen Zug des Tiroler Landlibells von 1511 konnte sich Maximilian die Zuneigung und Treue der Untertanen erkaufen. Maximilian gestand den Tirolern in einer Art Verfassung zu, dass sie als Soldaten nur für den Krieg zur Verteidigung des eigenen Landes herangezogen werden dürfen. So konnte er den Einfluss der Bischöfe im Land beschneiden und sie wehr- und steuerpflichtig in seinen Machtbereich einbinden

Maximilian zu fassen, ist für Tiroler schwierig. Er soll regelrecht verliebt in sein Land Tirol gewesen sein. Liebesbekundungen eines Kaisers schmeicheln natürlich der Volksseele bis heute. Die allgemeine Darstellung ist durchaus verklärt positiv. Seine Hinterlassenschaft in der Stadt Innsbruck lassen oberflächlich betrachtet auch kein anderes Bild zu. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch korrekt. Er machte Innsbruck zu einer Residenzstadt und trieb die Modernisierung der Infrastruktur voran. Während er das Heilige Römische Reich intern befriedete, führte er in der Außenpolitik insgesamt 27 Kriege. Innsbruck wurde zum Zentrum der Rüstungsindustrie und wuchs in Bedeutung und räumlicher Ausdehnung. Die Schulden, die er dafür aufnahm und das Landesvermögen, das er an die Fugger verpfändete, prägten Tirol nach seinem Tod mindestens ebenso wie die strengen Gesetze, die er der einfachen Bevölkerung verordnete. Sein Sohn Ferdinand I. erbte die schwere Last seines Vaters. 1525 kam es in Tirol unter Michael Gaismair wie in vielen anderen Deutschen Ländern dieser Zeit zu Bauernaufständen. Maximilian mag für sie verantwortlich gewesen sein, erlebt hat er sie nicht mehr. In der heutigen Volksseele sind die harten Zeiten auch nicht mehr so präsent wie das Goldene Dachl und die in der Schule gelernten weichen Fakten und Legenden rund um den einflussreichen Kaiser. 2019 überschlug man sich mit den Feierlichkeiten zum 500. Todestag des für Innsbruck wohl wichtigsten Habsburgers. Der Wiener wurde wohlwollend eingebürgert. Salzburg hat Mozart, Innsbruck Maximilian, einen Kaiser, den Tiroler, ob seiner damals nicht ungewöhnlichen Leidenschaft für die Jagd passend zur gewünschten Identität Innsbrucks als rauen Gesellen, der am liebsten in den Bergen ist, angepasst haben. Sein markantes Gesicht prangt heute auf allerhand Konsumartikeln, vom Käse bis zum Skilift steht der Kaiser für allerhand Profanes Pate. Lediglich für politische Agenden lässt er sich weniger gut vor den Karren spannen als Andreas Hofer. Wahrscheinlich ist es für den Durchschnittsbürger einfacher, sich mit einem revolutionären Wirt zu identifizieren als mit einem Kaiser.

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