Petrus Canisius und die Jesuiten

Jesuitenkirche Innsbruck
Petrus Canisius und die Jesuiten

Jesuiten, Franziskaner, Prämonstratenser, Karmeliten, Serviten, Kapuziner, Ursulinen. Wer Innsbruck besucht, stolpert im Lauf eines Stadtspaziergangs nicht nur über viele katholische Zeichen im öffentlichen Raum, sondern auch über viele Klöster. Der wohl einflussreichste in der Geschichte der Stadt waren die Jesuiten. Der Orden, die selbsternannten „Soldaten Christi“, wurde vom ehemaligen Adeligen und Offizier Ignatius von Loyola gegründet. Durch geschickte Strukturen und Organisation, übernommen aus dem militärischen Bereich, wuchs der Orden rasch an und schaffte es während der Gegenreformation eine Nähe zu den Mächtigen der katholischen Länder zu erlangen. Den Jesuiten wurde von ihren Gegnern von Anfang an der Drang zur Macht attestiert. Sie waren von Anfang an Zielscheibe von Verschwörungstheorien, ähnlich den circa 200 Jahre später in der Aufklärung prominent werdenden Freimaurern. Gleichzeitig waren die Jesuiten ein Orden, der nicht nur in den Zentren, sondern als Wanderorden auch am Land tätig war. Sie verstanden es, sich durch Beziehungen zur Obrigkeit, sorgsam orchestrierte Auftritte, Architektur, Kunst und Zeremonien selbst darzustellen. Wichtige Bereiche. in denen sie tätig waren und bis heute sind, sind Bildung und Erziehung. In Schulen und Kollegien sollten nicht nur Aristokraten, Priester und Politiker ausgebildet werden, sondern auch Beamten ausgebildet werden. Damit sicherte sich der Orden automatisch und gleichzeitig auch Einfluss in den höchsten Gesellschaftskreisen. Latein und Griechisch waren Schwerpunkte im Unterricht. Wissenschaftliche Bücher wurden in der Frühen Neuzeit noch immer auf Latein verfasst. Auch für höhere Posten im öffentlichen Dienst war Latein Voraussetzung. Protestantische Länder und Städte hatten begonnen Deutsche Schulen, Akademien und Gymnasien zu installieren. Um dem etwas entgegenzuhalten und das Angebot für Bürger innerhalb ihrer Territorien zu verbessern, gründeten Orden Schulen, meist in Absprache mit der politischen Obrigkeit. Aus diesen Bildungsinstituten entwickelten sich, so auch in Innsbruck, häufig Universitäten. Die Universität Innsbruck ging aus der Lateinschule der Jesuiten hervor, die unter Ferdinand I. (1503 – 1564) in Innsbruck gegründet wurde. Die damalige Lateinschule ist heute das Akademische Gymnasium, eines der ältesten Gymnasien Österreichs. Die neue Schule hatte große Auswirkungen auf die Stadtentwicklung. Mit ihrer Arbeit im Bildungswesen ermöglichten die Jesuiten den Aufstieg Innsbrucks zum Verwaltungs- und Wirtschaftsstandort.

Ein eifriger Förderer der Jesuiten hierzulande war Kaiser Ferdinand. Ferdinand war wie Ignatius von Loyola in Spanien aufgewachsen. Mit den Sitten der Deutschen und der in Spanien nicht existenten Reformationsbewegung hatte der Enkel Kaiser Maximilians (83) ebenso seine Schwierigkeiten wie mit der Sprache. Ein verbindendes Element zwischen den beiden Welten war die römische Kirche, speziell die Jesuiten. Die allerdings war zu Zeiten Ferdinands unter Druck. Auch in Schwaz, Hall und Innsbruck, den wichtigsten Städten Tirols waren die neuen Ideen der Reformation stark vertreten. Die moralischen Verfehlungen und die weltliche Ausrichtung der Kirche im ausgehenden Mittelalter sorgte für Unmut in der Bevölkerung, der in Tirol im Aufstand Michael Gaismairs (87) gipfelte. Die Jesuiten setzten auf eine bessere Ausbildung der Seelsorger und höhere moralische Maßstäbe, die sie auch an sich selbst setzten. Nicht nur in den Städten, auch im Umland waren sie aktiv. Das Mystische sollte unter ihnen wieder in den religiösen Alltag zurückkehren. Passionsspiele, Ostergräber, Prozessionen, anders als die abgehobene Kirche des Mittelalters wollten sie bei aller Strenge doch volksnah und unterhaltsam sein. Die bittere Pille des strengen Glaubens verpackt in Schauspiel und Spektakel Der Jesuitenorden war auch sehr motiviert, wenn es um Verfolgung von Hexen und Andersgläubigen oder um die nicht immer gewaltlose Missionierung in Übersee ging. Im 16. und 17. Jahrhundert waren es vor allem Priester des Jesuitenordens, die mit Schwert und Feuer abtrünnige Gemeinden und Bürger vom reformierten Glauben zurück in den Schoß der katholischen Kirche bringen sollten. Die Habsburger setzten in Österreich die sogenannten Religionsreformationskommissionen ein. Fanden diese „Missionare“ lutherische Pfarrer oder Untertanen, die verbotene Bücher besaßen, wurden diese verhaftet und des Landes verwiesen. Reformatorisch orientierte Beamte mussten entweder konvertieren oder emigrieren. Besonders sture Untertanen wurden öffentlich angekettet, je niederer der Stand des Bürgers desto schwerer die Bestrafung. Häuser und Kirchen von Lutheranern wurden verbrannt, Friedhöfe zerstört und symbolisch wurden Galgen errichtet. Nachdem die Religionsreformationskommissionen die Visite in Dörfern beendet hatten, wurden lutherische Bücher verbrannt und zur Warnung Galgen aufgestellt. Der größte Event dieser Art fand am 8. August 1600 in Graz mit der Verbrennung von mehr als 10.000 Büchern statt. Auch in der damals erst kürzlich Neuen Welt in Amerika und in Asien waren die Jesuiten in der Missionierung andersgläubiger eifrig tätig. Der Heilige Franz Xaver, einer der ersten Mitstreiter Ignatius´ von Loyola, starb auf Missionsreise in China. In einer Seitenkapelle der Innsbrucker Jesuitenkirche ist diesem Soldaten Christi ein Altar geweiht. Unter Josef II. wurden viele kirchliche Orden entmachtet und enteignet, darunter auch die von ihm wenig geliebten Jesuiten. Die Universität Innsbruck wurde unter ihm 1781 zu einem Lyzeum zurückgestuft. Erst 1838 wurden sie wieder nach Innsbruck berufen, um das Theresianum, ein Gymnasium für die Aristokratie, in leitender Funktion zu übernehmen.

Einer der wichtigsten jesuitischen Theologen war für einige Zeit in Innsbruck. Petrus Canisius wurde in den heutigen Niederlanden, die damals noch unter habsburgischem Einfluss standen, 1521 mitten in die unruhige Zeit der Reformation geboren. Rasch stieg der gebildete Kleriker im neu gegründeten Jesuitenorden auf und wurde von Kaiser Ferdinand als einer der wichtigsten Kirchenpolitiker installiert. Auf seinen Reisen, die ihn quer durch Europa führten, war Petrus Canisius auch einige Zeit in Innsbruck und maßgeblich an der Installierung des Jesuitenordens beteiligt. Er war sowohl Beichtvater der Aristokratie wie auch Kirchenmann für die Massen. Petrus Canisius galt als äußerst sittenstreng. Er war allerdings nicht nur Humanist und Kirchenlehrer, sondern auch ein eifriger Hexenjäger. Damit lag er im Trend der Zeit. Sein später geborener Ordensbruder Friedrich Spee (1591 – 1635), stand der Verfolgung von Hexen und Häretikern sowie der Folter kritisch gegenüber, wich damit von der Linie des Ordens und der katholischen Kirche ab und wäre beinahe wegen seiner Ansichten von den Jesuiten ausgeschlossen worden. Mit seinem Katechismus verfasste Petrus Canisius eine wichtige Ideensammlung im katholischen Kampf gegen die Reformation der Protestanten. Er schrieb seinen Katechismus auf Deutsch, der die wichtigsten Grundlagen des katholischen Glaubens und der Grundsätze der Jesuiten zusammenfasst. Die Jesuiten waren neben der Ausbildung der Eliten auch für die Christenlehre im einfachen Volk bis in die hintersten Alpentäler beauftragt. Die Jesuiten erkannten, dass Latein als Sprache nicht genug war, um das Volk zu erreichen und zu überzeugen sich vom neuen, reformierten Glauben zu lösen. Canisius nach dem Konzil von Trient in Wien verfasster Katechismus wurde in alle Sprachen übersetzt und galt lange als Leitwerk der katholischen Kirche. Petrus Canisius ist seit 1964 Patron der Diözese Innsbruck. Am Karl-Rahner-Platz befindet sich heute nicht nur die Jesuitenkirche, sondern auch die Theologische Fakultät der Universität Innsbruck.

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