Philippine Welser: Klein-Venedig, Kochkunst, Kräuterkunde

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Philippine Welser: Klein Venedig, Kochbücher und Kräuterkunde

Die bürgerliche Philippine Welser war die Ehefrau Erzherzog Ferdinands II. (89). Hochzeiten zwischen Bürgerlichen und Adligen galten damals als skandalös und nicht standesgemäß, auch wenn die Welsers alles andere als arm waren. Sie zählten zu den wohlhabendsten Familien ihrer Epoche. Ihr Onkel Bartholomäus Welser war ähnlich reich wie Jakob Fugger. Auch er hatte Kredite an die Habsburger vergeben. Anstatt die Kredite abzuzahlen, verpfändete Kaiser Karl V. einen Teil der neu annektierten Ländereien der spanischen Krone Habsburgs an die Welser, die dafür das Land als Kolonie Klein-Venedig mit Festungen und Siedlungen sichern und erschließen mussten. Sie statteten sogar Expeditionen aus, um das legendäre Goldland El Dorado zu entdecken. Um möglichst viel aus ihrem Lehen herauszuholen, errichteten sie Handelsstützpunkte, um am gewinnträchtigen transatlantischen Sklavenhandel zwischen Europa, Westafrika und Amerika teilzunehmen. Sie taten dies in äußerst brutaler Manier, die zu Beschwerden beim Kaiser führten, der ihnen das Lehen daraufhin entzog.

Philippine galt als überaus schön. Ihre Haut sei laut Zeitzeugen so zart gewesen, „man hätte einen Schluck Rotwein durch ihre Kehle fließen sehen können“. Kennengelernt sollen sich die Augsburgerin und der Habsburger auf einem Faschingsball in Pilsen. Ferdinand verliebte sich Hals über Kopf in Philippine und heiratete sie. Besonders erfreut war im Hause Habsburg niemand über die in aller Heimlichkeit geschlossene Ehe der beiden, auch wenn man das Geld der Welser gut gebrauchen konnte. Die Kinder wurden deshalb von der Erbfolge ausgeschlossen. Philippine Welsers Leidenschaft war das Kochen. In der Österreichischen Nationalbibliothek ist noch heute eine Rezeptsammlung vorhanden. Unter anderem kann man dort das Rezept einer Nusstorte nachschlagen. Die Kochkunst wurde im Mittelalter und der Frühen Neuzeit ausschließlich von Wohlhabenden und Adeligen gepflegt, während die meisten Untertanen essen mussten, was verfügbar war. Mittelalter und Neuzeit, eigentlich alle Menschen bis in die 1950er Jahre, lebten unter dauerhaftem Kalorienmangel. Während wir heute zu viel essen und deshalb krank werden, litten unsere Vorfahren unter Krankheiten, die auf Mangelernährung zurückzuführen war. Gewürze wie der exotische Pfeffer waren Luxusgüter, die sich das normale Volk nicht leisten konnten. Während der Speiseplan des Normalbürgers eine eintönige und triste Angelegenheit war, bei der es vor allem darum ging, sich die Kalorien für die tägliche Arbeit so effizient als möglich zu holen, begann sich unter Ferdinand II. und Philippine Welser die Einstellung zu Essen und Trinken zu verändern. Der Hofstaat hatte seit Friedrich IV. zu einer gewissen Kultivierung der Manieren und Sitten beigetragen, Philippine Welser und ihr Mann trieben diese Entwicklung auf Schloss Ambras und der Weiherburg weiter voran.

Die Kräuterkunde war ihr zweites Steckenpferd. Philippine Welser beschrieb, wie man Pflanzen und Kräuter zur Linderung körperlicher Leiden aller Art verwendet Auf Schloss Ambras in Innsbruck ließ sie einen Kräutergarten anlegen, um ihr Hobby und die Studien voranzutreiben. In der Tiroler Bevölkerung galt sie laut Berichten der Zeit als sehr beliebt, kümmerte sie sich doch scheinbar sehr um die Armen und Bedürftigen. Die vom Stadtrat angeleitete Fürsorge der Bedürftigen gesponsort von wohlhabenden Bürgern und Adeligen war damals allerdings keine Besonderheit, sondern gängige Praxis. Näher an das Seelenheil im nächsten Leben als durch christliche Nächstenliebe, Caritas, konnte man nicht kommen. Ihre letzte Ruhe fand Philippine Welser nach ihrem Tod 1580 in der Silbernen Kapelle in der Innsbrucker Hofkirche. Gemeinsam mit ihren als Säugling verstorbenen Kindern und Ferdinand wurde sie dort begraben. Unterhalb des Schloss Ambras erinnert die Philippine-Welser-Straße an sie.

 

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