Reform und Revolution: Jakob Hutter und Michael Gaismair

Malerei Michael Gaismair Pembaurstraße
Reform und Rebellion: Jakob Hutter und Michael Gaismair

Die ersten Regierungsjahre Kaiser Ferdinands I. (1503 – 1564) als Landesfürst Tirols waren von theologischen und sozialen Unruhen gekennzeichnet. Theologische und soziale Spannungen nahmen in dieser krisenhaften Zeit zu. Die aufwändige Hofführung Siegmunds und die Kriege Maximilians samt der Verpfändung eines großen Teils des Landesvermögens an ausländische Unternehmer und Finanziers hatte die finanzielle Lage Tirols in arge Schieflage gebracht. Das neue Recht, das über die von Maximilian eingeführte Verwaltung eingeführt worden war, stand dem alten Gewohnheitsrecht gegenüber. Die Jagd im Wald und das Suchen nach Feuerholz waren damit für einen Großteil der Bevölkerung illegal geworden. Der Verlust dieser Allmendrechte und die immer höher werdende Abgabenlast hatten für Kleinbauern, Tagelöhner, Knechte und anderen Pofel massive Auswirkungen. In Tirol traten zu dieser Zeit mit Jakob Hutter (1500 – 1536) und Michael Gaismair (1490 – 1532) zwei Männer auf den Plan, die mehr soziale Gerechtigkeit forderten, die bestehende Ordnung bedrohten und dafür mit dem Leben bezahlten.

Jakob Hutter war die Galionsfigur der vor allem im Inntal und im Südtiroler Pustertal aktiven Wiedertäufer. Die ersten Anzeichen der Kleinen Eiszeit verursachten vermehrt Missernten. Viele Menschen sahen darin eine Strafe Gottes für das sündige Leben der Menschen. Sekten wie die Wiedertäufer predigten die reine Lehre der Religion, um sich von dieser Schuld zu befreien und die Ordnung so wiederherzustellen. Besonderen Unmut bei der Römischen Kirche und Ferdinand I. erregte ihre Einstellung zu weltlichem Besitz und zur Taufe und die offen zur Schau gestellte Abneigung gegen weltliche und kirchliche Obrigkeiten. Menschen sollten frei als erwachsene und mündige Bürger ihren Willen, dem Christentum beizutreten, kundtun und nicht als Kinder getauft werden. Für den streng gläubigen und papsttreuen Landesfürsten Ferdinand stellten die Wiedertäufer eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung dar. Einem guten Teil der unter den finanziellen Schwierigkeiten nach der teuren Regentschaft Maximilians stöhnenden Bevölkerung waren sie als Sündenböcke willkommen, die mit ihrem gottlosen Gebaren Unheil über das Land brachten. Bereits 1524 wurden drei Wiedertäufer in Innsbruck vor dem Goldenen Dachl wegen Ketzerei am Scheiterhaufen verbrannt. Fünf Jahre später wurden Tausende Wiedertäufer des Landes verwiesen und wanderten nach Mähren, die heutige Tschechei, aus.

Einer von ihnen war Hutter. Aufgewachsen in Südtirol führten ihn seine Lehr- und Gesellenjahre als Hutmacher nach Prag und Kärnten, wo er wahrscheinlich zum ersten Mal mit den Wiedertäufern und ihren Lehren in Verbindung kam. Als die Religionsgemeinschaft 1535 auch aus Mähren vertrieben wurden, kam Jakob Hutter wieder zurück nach Tirol. Er wurde gefangengenommen, nach Innsbruck gebracht und im Kräuterturm gefoltert. Als Anführer der Häretiker für sein Wirken 1536 wurde er vor dem Goldenen Dachl am Scheiterhaufen verbrannt.

Die Gemeinde der Hutterischen Brüder kam nach ihrer endgültigen Vertreibung aus den deutschen Ländern und langen Irrfahrten und Fluchten quer durch Europa im 19. Jahrhundert in Nordamerika an. Noch heute gibt es einige hundert Hutterer Kolonien in Kanada und den USA, die noch immer nach dem Gebot der Jerusalemer Gütergemeinschaft in einer Art kommunistischem Urchristentum leben. Wie die Mennoniten und die Amisch leben die Hutterer meist isoliert von der Außenwelt und haben sich eine eigene Form der an das Deutsche angelehnten Sprache erhalten. In Innsbruck erinnern eine kleine Tafel am Goldenen Dachl sowie eine Straße im Westen der Stadt an Jakob Hutter. 2008 hatten die Bischöfe von Brixen und Innsbruck gemeinsam mit den Landeshauptleuten Nord- und Südtirols in einem Brief an den Ältestenrat der Hutterischen Brüder das knapp 500 Jahre vergangene Unrecht an der Täufergemeinschaft eingestanden. 2015 wurde im Saggen ein paar Schritte südwestlich des Panoramagebäudes der Huttererpark eröffnet, in dem das Denkmal „Übrige Brocken“ an das Schicksal und Leid der Verfolgten erinnert.

Der größte Aufruhr im Zuge der Reformation in Tirol war der Bauernaufstand von 1525, der eng mit dem Namen Michael Gaismairs verbunden ist. Anders als Hutter, der vor allem eine spirituelle Erneuerung forderte, wollte Gaismair auch soziale Veränderungen vorantreiben. Der Tiroler Aufstand war ein Teil dessen, was als Deutscher Bauernkrieg große Teile des Heiligen Römischen Reiches erschütterte. Es war zum Teil reformatorischer, theologischer Eifer, zum Teil Unzufriedenheit mit der sozialen Lage und Güterverteilung, was die Aufständischen antrieb. Gaismair war kein Theologe. Er war der Sohn eines Bergwerksunternehmers, man könnte sagen gebildete Mittelschicht. Wahrscheinlich studierte er Jus an einer italienischen Universität, bevor er Grubenschreiber im Bergwerk Schwaz wurde. 1518 begab er sich in den Dienst des Tiroler Landeshauptmanns Leonhard von Völs, wo er militärische und administrative Erfahrungen sammelte. 1524 wechselte er, vermutlich nach einer Art Korruptionsskandal, in den Dienst des Bischofs von Brixen. Der Bischof war gleichzeitig kirchlicher und weltlicher Fürst seines Bistums. Bei seinen Untertanen war er sehr unbeliebt, galt er doch als strenger Landesherr und verlangte mehr Robot und Fronarbeit als der Tiroler Landesfürst. Hier sah Gaismair aus erster Hand, wie die landesherrschaftliche Verwaltung des Klerus mit strenger Rechtsprechung die Untertanen knechtete.

Im Mai 1525 beteiligte er sich an einer der vielen Erhebungen, die auch von den Nachrichten über die bäuerlichen Aufstände in Süddeutschland angestachelt wurden. Viele der Tiroler Untertanen hatten in den Italienkriegen Maximilians als Kriegsknechte gedient und besaßen durchaus militärische Erfahrung. Sie hatten zwar keine Kavallerie zur Verfügung und es mangelte an strategischer übergeordneter Führung, zum Teil waren die Gruppen aber durchaus in einem militärischen Sinne organisiert. Dazu gesellten sich unzufriedene Stadtbürger, Handerker und sonstiger Pofel. Einer dieser Bauernhaufen drang in das Kloster Neustift ein. Nicht nur bischöfliches Eigentum und die Weinvorräte wurden geplündert, auch die Urbare, die Aufzeichnungen rund um Gerichtsbarkeit, Besitz, Schulden und Verpflichtungen der Bauern gegenüber dem Grundherrn, wurden vernichtet. Am Tag nach der Einnahme des Klosters wählten die Aufständischen Gaismair zu ihrem Hauptmann.

 

Die Aufstandsbewegung nahm unkoordiniert Fahrt auf und breitete sich auf das ganze Land aus. Überall kam es zu Übergriffen auf Einrichtungen der Kirche und der verhassten fremden Handelsinstitute wie den Fuggern. Während einige der Abteilungen und Gruppen ernsthafte Forderungen stellten und eine echte Gefahr für die Obrigkeit waren, waren andere auf den Spaß an der Sache der Rebellion und Plünderungen aus. In Innsbruck wurde das Stift Wilten als grundherrschaftlicher Sitz belagert, die Bauern ließen aber schnell von ihrem Vorhaben ab, nachdem sie Wein und Fleisch aus den Vorratskammern des Abtes erhalten hatten.

 

Um Zeit zu gewinnen, berief die Regierung unter Ferdinand einen Landtag in Innsbruck ein. Die Anliegen der Untertanen wurden in einem Beschwerdekatalog, den 62 Meraner Artikeln gesammelt, die später auf 96 Innsbrucker Artikel erweitert wurden. Während der Verhandlungen zwischen Landesfürsten, Adel, Klerus, Bürgern und Bauern residierte Gaismair weiterhin in Brixen und probierte im Gebiet an der Eisack sein Regiment zu etablieren.

Erst im Laufe des Sommers begab er sich zu Verhandlungen mit Ferdinand nach Innsbruck. Obwohl ihm freies Geleit versprochen wurde, kerkerte man den Mann, der in den Augen der Obrigkeit die größte Gefahr darstellte, ein. Dass er tatsächlich im Kräuterturm eingesperrt war, scheint nach seiner recht unspektakulären Flucht im Oktober 1525 unwahrscheinlich. Nach einiger Zeit in seiner Heimat Sterzing, die landesfürstlichen Truppen scheinen hier keinen Zugriff auf den Most Wanted gehabt zu haben, begab er sich in den eidgenössischen Westen. In Zürich lernte er Huldyrich Zwingli kennen. Wohl von ihm inspiriert schrieb Gaismair einen Entwurf für eine Tiroler Landesverfassung. Der Klerus sollte sich um das Seelenheil der Untertanen statt um Politik kümmern. Land und Güter wie Bergwerkserträge sollten sozial gerecht verteilt, Zinsen abgeschafft werden. Die Einschränkungen von Jagd und Fischerei, die Ferdinands Vorgänger Maximilian I. den Tirolern auferlegte, sollten wieder aufgehoben werden. Einer der Artikel lautete:

Was den Zehent betriff, so soll ihn jeder geben nach dem Gebot Gottes, und er soll wie folgt verwendet werden: Jede Pfarre habe einen Priester nach der Lehre des Apostels Paulus, den den Menschen das Wort Gottes verkündet… was übrig bleibt, ist den Armen zu geben.“

Die Rebellionen in der Grafschaft Tirol und den Fürstbistümern Brixen und Trient waren mittlerweile zusammengebrochen. Landesfürst Ferdinand hatte durch geschickte Verhandlungen und Zugeständnissen zu den Beschwerdekatalogen die Kontrolle wiedererlangt. Die Rädelsführer, darunter Gaismairs Bruder Hans, waren geflüchtet oder teils grausam und demonstrativ hingerichtet worden. Michael Gaismair zog mit einigen seiner Männer von Graubünden in den südlichen Teil Salzburgs und nahm am Salzburger Bauernaufstand 1526 teil.

Der Ruf seiner militärischen Erfolge erreichte die Republik Venedig, die sich seit dem Krieg 1477 mit Siegmund dem Münzreichen in ständigem Konflikt mit den Habsburgern befand. Gaismair wurde als Condottiere, als Heerführer, engagiert. Bald fiel er aber auch hier in Ungnade. Nicht nur schloss der Doge von Venedig Frieden mit den Habsburgern, auch seine antikatholische Haltung und seine unangepasste Lebensweise erregten Missgunst und Neid. 1532 wurde auf seinem Landsitz bei Venedig mit mehr als 40 Messerstichen ermordet. Welche der vielen Mächte, die er gegen sich aufgebracht hatte, dahintersteckte, ist nicht geklärt, wahrscheinlich wurden die Auftragsmörder aber vom landesfürstlichen Hof in Innsbruck beauftragt.

Nicht weniger interessant als sein Leben ist sein Werdegang post mortem. Gaismair schaffte es nie zum allgemeinen Ruhm Andreas Hofers in Tirol. In Schulen wird bis heute kaum über ihn gesprochen. Anders als Hofer, der sich als braver Katholik gegen eine fremde Macht erhob, war Gaismair ein Aufständischer, ein Unangenehmer und Querdenker. 1899 war ein Theaterstück über den Bauernführer von Franz Kranewitter erschienen. Im 20. Jahrhundert wurde Gaismair je nach Bedarf als Kämpfer gegen Monarchie und Klerus, von den Nationalsozialisten als deutscher Held und Befreier der Bauern oder von der Linken als früher Kommunist gedeutet. Die 68er Generation feierte den eigentlich frommen und gottesfürchtigen Revolutionär für seine Ideen zur Vergemeinschaftung von Eigentum. Der Tiroler Journalist und Historiker Claus Gatterer schrieb zur ständigen Umdeutung der Figur Gaismairs:

 „Wieviel Wahrheit darf ein Volk über seine Vergangenheit, über Wachsen und Werden seiner Gegenwart erfahren?... Der jeweiligen Ideologie entsprechend, werden altverdiente Helden und Heilige von den Sockeln gestürzt, und durch andere, bis dahin missachtet, ersetzt; oder es wird einem etablierten Heiligen kurzerhand eine neue Biographie verpasst, die namentlich in der Motivation des Handelns sich mit aktuellen Erfordernissen passt.

Anders als für Andreas Hofer gibt es für Michael Gaismair und den Bauernaufstand von 1525 kaum Erinnerungsorte in Innsbruck. In Wilten erinnern eine Straße und eine nach ihm benannte Hauptschule an ihn.

Landesordnung Michael Gaismairs von 1526

Michael Gaismair verfasste auf seiner Flucht in Klosters einen Entwurf für eine Tiroler Landesordnung mit 28 Artikeln:

Anfenklich so werd ir geloben und schwörn, Leib und Guet zusamen setzen, von einander nit weichen, sonder mitainander heben und legen, doch alzeit nach Rat ze handlen, eur furgesetzten Öbrigkait treu und gehorsam ze sein und in allen Sachen nit aignen Nuz, sonder zum ersten die Eer Gottes und darnach den gemainen Nuz zu suechen, auf daz uns der almechtig Gott (wie er dann allen denen, so im in sein Gebotten gehorsam sein, vilfeltig gehaisen hat) Gnad und Beistand tue. Darauf wir genzlich vertrauen sollen, dann er ganz wahrhaft ist und niemand betruegt.

Daz ir alle gotlosen Menschen, die daz ewig Wort Gottes vervolgen, den gemain armen Man beschwären und den gemainen Nuz verhindern, ausreiten und von dannen tuen wellet.

Daz ir daran sein wöllet und ain ganz christenliche Satzung, die allein in allen Dingen aus dem heiligen Wort Gottes gegründt ist, aufrichten und daran genzlichen geleben wellet.

Sollen alle Freihaiten abgetan, dann si wider daz Wort Gottes seind und daz Recht völschen, darin niemand fur den andern gevortailt werden soll.

Sollen alle Rinkmauren an den Stetten, dergleichen alle Geschlösser und Bevestigung im Land niderprochen werden und hinfur nimer Stött, sonder Dorfer sein, damit kain Underschaid der Menschen, also daz ainer höcher oder pösser weder der ander sein wölle, werde, daraus dann im ganzen Land Zerrugtligkait, auch Hoffart und Aufruer entsteen mag, sonder ain ganze Glaichait im Land sei.

Sollen alle Pilder, Pildstock, die Capellen, so nit Pfarrkirchen sein, und die Meß im ganzen Land abgetan werden, dann es ain Greul vor Gott ist und ganz uncristlich ist.

Soll man daz Wort Gottes treulich und wahrhaftiglich ins Gaismairs Land allenthalben predigen und alle Sophisterei und Juristerei ausreiten und dieselben Puecher verprennen.

Sollen die Gericht allenthalben im Land auf daz gelegenlichest, desgleichen die Pfarren ausgezellt werden, also daz man die mit wenigstem Costen versechen mag.

Soll ain jede ganze Gmair ains jeden Gericht alle Jar ain Richter und acht Geschworen erwöllen, die sollen daselbig Jar den Gerichtzwang versehen.

Soll alle Montag Recht gehalten werden und alle Sachen nicht über das ander Recht aufgezogen werden, sonder zu End bracht auf den anderen Tag, sollen die Richter, Geschworn, Schreiber, Redner und Gerichtsleut, Potten sollen in den Gerichtshändlen von niemant nicht nemen, sonder vom Land besoldt werden und demnach in irem Costen alle Montag bei der Gerichtstatt erscheinen und dem Gericht gewertig sein.

soll ain Regiment im Land besetzt werden, darzue Brichsen der gelegentlichst Platz wer, außerdem vill Pfaffenheuser und andere Notturft und mitten im Land were; und solten die Regenten aus allen Viertailen des Lands, auch etlich vom Pergwerch erkuest werden.

söll die Apellation von Stund an fur die Regierung und nimmer gen Meran, dann es ain Uncosten und kain Nutz ist darin, gepraucht worden und von Stund an dasselb erledigt und zu End an ferrer Wägerung gen.

sol an dem Ort, da die Regierung des Lands ist, ain hoche Schuel aufgericht werden, da man allain daz Wort Gottes innen lernen soll und sollen albeg drei gelerte Männer von der Hochenschuel, die daz Wort Gottes kundig und der göttlichen Geschrift (aus welcher die Gerechtigkeit Gottes allain erleutert werden mag) wol erfaren sein, in der Regierung sitzen und alle Sachen nach dem Bevelch Gottes, als eristenlich Volk zugehörent, richten und urtailen.

Der Zins halben sol ain ganze Landschaft nach Rat mitainander beschließen, ob dieselben von Stund an ab sein sollen, oder ob man ain frei Jar nach dem Gesatz Gottes beruefen wölle und die Zins mitlerweil zu gemainer Landsnotturft einziehen, dann es ist zu bedenken, daz gmaine Landschaft ains Kriegscostung ain Zeit lang prauchen wurd.

Der Zöll halben, sech mich dem gmain Man Nutz sein [für] guet an, man tet dieselben im Land allenthalben ab, aber an Confinen richtet man si auf und hielts also, was im Land gieng, daz zollet nicht, was aber aus dem Land gieng, daz zollet.

Zechends halben, den soll jedermann geben nach dem Gepott Gottes und sol also verpracht werden: in jeder Pfarr sol ain Priester sein nach der Leer Pauli, der daz Wort Gottes verkundt, der soll mit erberer Notturft vom Zechend underhalten werden und der ubrig Zechend sol armen Leuten geben werden; aber ain solche Ordnung sol mit den Armen gehalten werden, es sol niemant von Haus zu Haus pettlen gen, damit Lotterei, vil unnutz Volk, daz wol arbeiten mag, abkhert werd.

Die Klöster und teutschen Heuser sollen in Spitäler gmacht werden. In etlichen sollen die Kranker beiainander sein, den mit aller Zaff und Erznei wol gewart werden soll, in den anderen die alten Personen, so eltershalben nimer arbeiten mugen, und die armen, unerzogen Kinder, die man lernen und zu Eeren ziechen soll. Und wo aber hausarm Leut weren, den sol man nach Rat ains jeden Richters in seiner Verwaltung, da si am pasten erkannt werden, nach Gelegenhait ierer Notturft vom Zechend oder Almuesen Hulf tuen. Wo aber der Zechend zu Underhaltung der Pfarrer und Armen nit erklecken möchte, so soll meniglich sein Almuesen nach seinem Vermuegen treulichen darzuegeben. Und wo uber daz Mangel wer, so solt vom Einkomen völlige Erstattung geben werden. Und soll in einem jeden Spital ain Spitalmaister sein und darzue ein öbrister Vogt oder Ambtmann über alle Spiteler und Armen gesetzt werden, der nicht anders tue, dann fur und fur alle Spitäler bereit und Fursorg uber die Armen trag und inen Fursechung tue; darzue in alle Richter, ain jeder in seiner Verwaltung, mit ainer Hulf der Zechenden und Almuesen auch Anzaigung und Underrichtung der auch hausarmen Leuten hülflich sein sollt. Es sollen auch die Armen nit allain mit Essen und Trinken, sonder mit Klaidung und aller Notturft versechen werden.

Item, damit guete Ordnung im Land allenthalben in allen Dingen gehalten werde, so sollen auch vier Hauptleut und darzue ain obrister Hauptman uber das ganz Land gesetzt werden, die in Kriegsleufen und allen Dingen fur und fur des Lands Notturft und Fursorg tragen mit Bereitung des Lands, der Refier, der Päß, Weg, Pruggen, Wasserpei, Lantstraßen und alles handlen, was in dem Land Notturft ist und dem Land alle Notturft in allen Dingen treulich zu dienen; doch si sollen alle Mängel nach der Besichtigung und Erkundigung zuvor der Regierung anzaigen und nach Rat derselben albeg handlen.

Man sol auch Möser und Auen und ander unfruchtpare Ort im Land fruchtbar machen und den gemain Nutz um etlich aigennutzigen Personen willen nit unterwegen lassen. Man möcht die Möser von Meran unz gen Trient alle auftrucknen und merklich Vich und Kue und Schaf darauf halten, auch viel mer Traid an vil Orten zuglen, also daz Land mit Fleisch versehen war. Man möcht auch au vil Orten Ölpam setzen, auch Saffran zuglen, auch die Poden-Weingarten sol man zu Glafuren* machen, rott Lagrein darin anlegen und verjeren, Wein machen wie im Wälschland und darzwischen Traid anpauen, dann daz Land Mangel an Traid hat. Daraus volget, daz die pösen Tämpf von den Mösern vergiengen und daz Land frischer wurd. Es wurden vil Krankhaiten aufhören, die von den swären Poden Wein komen, der Wein und Traid wurd wolfail und mit ringer Costung ze arbaiten. Aber die Pergweingarten, die man mit Korn nicht anpauen, die ließ man bleiben.

Item man sol in jedem Gericht alle Jar zu gelegener Zeit ain ganze Gmain in den Velden und Gemainden robudden, dieselbigen raumen und guet Waid machen und also daz Land fur und fur pösseren. Es sol im Land niemant Kaufmanschaft treiben, auf daz sich mit der Sund des Wuchers niemant befleck. Aber damit in solchem nicht Mangel erschein und guet Ordnung gehalten werd, auch niemant überschätz und betrogen, sunder alle Ding in aim rechten Kauf und guet Waar gefunden werden mug, so soll anfänklichen ain Ort im Land furgenomen werden, darzue Trient der Wolfail halben und in miden Weg gelegen wäre, dahin man alle Handwerch anrichten und vom Land verlegen solle als Seidentuech, Pirett, Mössingzeug, Samat, Schuech und anders zu machen. Und sol ongevar ain Generalambtman, der alle Ding verrait, darüber gesetzt werden. Und was im Land als Gewurz und ander nicht erlangt werden mag, daz soll außerhalb bestellt werden. Darauf an etlichen Orten, der Gelegenhait nach im Land Laden gehalten, darin allerlei faigehapt; und sol auf nichte kain Gwin darauf schlahen, sonder allein der Costung, so darüber get, darauf gerechnet werden. Damit wurde verhuet aller Betrug und Falsch und man mocht alle Ding im rechten Wert gehaben, und bleibt daz Gelt im Land und käm dem gemainen Man zu gar großem Nutz. Diesen Ambtman über den Handl und seinen Dienern geb man bestimmte Besoldung.

Man soll ain guete schwäre Munz, wie bei Herzog Sigmund Zeiten widerumb aufrichten und die jetzig Munz aus dem Land tuen und vertreiben und ferrer kein auswendig Munz, weder vil noch wenig nemen, damit daz Gelt sol probiert werden und sol valuirt werden und was gegen Landnutz wert ist, also sols genumen werden.

Man soll von allen Kirchen und Gotsheuseren alle Kelch und Klainet nemen und vermunzen und zu gemainer Landnotturft prauchen.

Man sol auch guete Verständnus zu anstoßenden Länderen machen. Man sol den Zafairen im Land zu hausieren nit gestatten. Man sol hinfuran ain Markt im Etschland und ainen im Inntal halten. Man sol ain dapfere Summa Gelts zum Forat machen, ob daz Land ain unverschener Krieg anfiel. Und der vertriben Edelleit oder ander Paugueter sol man zu Underhaltung des Gerichts Costung halten.

Des Pergwerchs: Erstlichen sollen alle Schmölzhütten, Tailpergwerch, Arz, Silber, Kupfer und was darzue gehört und im Land betreten werden mag, so dem Adel und auslendischen Kaufleuten und Gesellschaften als Fuckerisch, Höchstetterisch, Paumgarterisch, Pumblisch und dergleichen zugehört, zu gmain Landshanden einziehen; dann si solches billich verwurkt haben, dann si haben sollich ir Gerechtigkait mit unrechtem Wuecher erlangt: Gelt zu vergießen menschlichs Pluets, desgleichen gmainen Man und Arbaiter mit Betrug und pöser War in hohem Gelt, zwier mer, weders beswert gwesen, seins Lidlons bezalt, auch daz Gwurz und andre War durch ieren Furkauf vertaurt und Ursach ringer Munz gwesen; und alle Munzherren, die Silber von inen kaufen, nach irn solch erdacht Taten bezallen muessen, oder die Munz entgegen der Armen genumen, sein Lidlon auch dem Armen abgeprochen, so si mit Schmälzherren in irem Erzkauf nicht erstatt; aber alle Kaufmanswar, aus dem sis alle in ire Hend bracht, in ainem höcheren Kauf gestaigert. Und also die ganz Welt mit ierem uncristenlichen Wuecher beschwärt und sich dardurch ir furstliche Vermugen gericht, das dann billich gestraft und abgestölt werden solt.

Demnach sol vom Land ain obrister Factor über all Perkwerchsachen gesetzt werden, der alle Ding handl und jahrlichen verrait. Und sol niemant zu schmölzen gestatt werden, sonder daz Land sol durch iren gesetzten Factor alle Ärz schmölzen lassen die Ärzkeuf der Pillichait nach bestimbt und dargegen dem Arbaiter alle Raitung mit parem Gelt und mit kainem Pfenwert hinfuran Bezalung tuen, damit furan die Landleut und Perkleut in guetem Frieden beiainander bleiben mugen.

Dergleichen sol im Pfannhaus guete Ordnung gehalten werden und sol dem Land ain zimblich Einkumen vom Perkwerch machen, dann es am pasten geschechen mag, damit die Regierung des Lands mit allen Ämberen und Versicherung darvon underhalten werden mugen, wo aber in sölchem dem Land Mangel erschin und gennegsam Einkumen zu Versehung des Lands darin nicht erlangt werden möcht, so muest man ain Steur oder ain Zinsphenning auflögen, damit ain gleiche Purd im Land getragen wurd. Man sol auch allen Fleiß darzue tuen und die Costung vom Land daran lögen, damit im Land an mer Orten Perkwerch erweckt und erpaut werden mügen, dann durch die Perkwerch mag das Land an meniglich Beschwerung daz maist Einkumen erlangen.

 

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