Regeln für junge Damen bei der Wahl eines Gatten

Erschienen: Innsbrucker Nachrichten, 31. Januar 1854

Über diesen Text...

Nachdem am Silvestertag 1852 die letzte Ausgabe der liberalen, großdeutsch-national gesinnten Innsbrucker Zeitung erschienen war, hielt es das Nachfolgeblatt Innsbrucker Nachrichten für gesünder, sich auf neutrale politische Berichterstattung, lokale Nachrichten und Tipps zur Lebensführung zu beschränken als sich mit den konservativen Tiroler Blättern anzulegen. In diesem Artikel werden jungen Damen und ihren Erziehungsberechtigten Tipps gegeben, wie man einen geeigneten Ehemann zu finden vermag. 

Der Artikel

Bei der Wahl eines Mannes wird den Mädchen in „The Keepsake 1854″ gerathen, auf Folgendes zu achten: Wenn ein Mann seine Füße auf dem Abtreter vor der Thür abstreicht, ehe er eintritt, so läßt sich sicher annehmen, daß er ei­nen guten, häuslichen Ehegenossen abgeben werde. Wenn ein Mann beim Putzen der Lichter dieselben ausputzt, so wird er sich als einen dummen Haus­herrn erweisen. Wenn ein Mann sein Taschentuch beim Theetrinken über die Knie breitet, so wird er sich als vorsichtigen und klugen Gatten bewäh­ ren. Auf dieselbe Weise traue man nie einem Manne, der das letzte Stück­chen Zwieback oder Kuchen nicht nehmen will, sondern auf das nächste war­me Gebäck wartet. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß er einen gierigen und selbstsüchtigen Gemahl abgeben werde, mit dem man bei Tische sich keines Bissens, beim Thee keines Friedens im Hause erfreuen dürfte. Der Mann, meine Theueren, welcher Galloschen trägt und sich sorgfältig einhüllt, bevor er sich in die Nachtluft wagt, gibt nicht selten einen guten invaliden Gat­ten ab, der meist zu Hause hockt und sich mit Wenigem abspeisen läßt. Der Mann, welcher den Kessel bewacht und das Ueberlaufen verhindert, wird im verheiratheten Zustande dieselbe Sorgsamkeit zeigen und den Topf stets im Auge haben. Der Mann, welcher keinen Thee trinkt, die Katze quält, schnupft, und sich mit dem Rücken gegen das Feuer stellt, ist ein Unhold, den ich Ihnen, meine Lieben, auf keinen Fall— weder aus Liebe, noch Gel­des halber— zu wählen rathe. Aber der Mann, von dem es sich, wenn der Thee vorüber ist, herausstellt, daß er keinen erhalten hat, wird entschie­den ein sehr guter Ehemann sein. Geduld, wie die seinige, verdient durch die beste der Weiber und die beste der Schwiegermütter belohnt zu werden. Meine Theuersten, wenn Sie einem solchen Manne begegnen, so suchen Sie um jeden Preis ihn zu heirathen.