Rudolf, liberaler Liebling der Völker
Rudolf, liberaler Liebling der Völker
Der intelligente, liberal eingestellte und sensible Kronprinz Rudolf (1858 – 1889) galt als der Liebling der Völker des Habsburgerreichs. Seit dem Amtsantritt Kaiser Franz Josefs I. 1848 hatte sich die Donaumonarchie verändert. 1866 war Österreich nach Königgrätz aus dem Deutschen Bund ausgeschieden. 1867 war es zum sogenannten Ausgleich mit Ungarn gekommen. Die italienischen Gebiete mit Ausnahme des Trentino und des Hafens Triest waren verlorengegangen. Das Vielvölkerreich begann unter dem Druck der einzelnen nationalen Gruppen und Länder zu bröckeln. Die Bestrebungen der einzelnen Volksgruppen machten auch vor Tirol nicht halt, gehörte mit dem Trentino zwischen Salurn und Riva am Gardasee doch auch ein italienischsprachiger Teil zum Land. Im Tiroler Landtag forderten italienischsprachige Abgeordnete, sogenannte Irredentisten, mehr Rechte und Autonomie für das damalige Südtirol. In Innsbruck kam es zwischen italienischen und deutschsprachigen Studenten immer wieder zu Spannungen und Auseinandersetzungen. Die Wallschen, dieser Begriff für Italiener hält sich bis heute recht hartnäckig, galten als ehrlos, unzuverlässig und faul.
Franz Josefs Sohn und Thronfolger Rudolf galt als sehr belesen und gebildet, sprach neben Griechisch und Latein auch Französisch, Ungarisch, Tschechisch und Kroatisch. Er verfasste liberale Artikel im "Neuen Wiener Tagblatt" unter einem Pseudonym. Er wollte unter anderem Grund- und Bodenreformen vorantreiben durch stärkere Besteuerung der Großgrundbesitzer und den einzelnen Nationalitäten des Habsburgerreichs mehr Rechte zugestehen. Das brachte ihm in den deutschsprachigen ländlichen Gebieten wenig Zustimmung ein. Rudolf wurde bei Regierungsgeschäften wegen seiner liberalen Einstellung häufig außen vorgelassen. Sein Vater soll ihn sogar vom Geheimdienst überwachen haben lassen. So widmete er sich als Privatier dem Verfassen von Presseartikeln, der Wissenschaft und dem Reisen durch die Länder der Monarchie. Er veranlasste die Herausgabe des Kronprinzenwerks, einer naturwissenschaftlichen Enzyklopädie. 1893 erschien Band 13, der das Kronland Tirol behandelte.
Seine frühen Jahre, als er auf Wunsch seines Vaters Kaiser Franz Josef eine soldatische Erziehung unter General Gondrecourt durchlaufen musste, waren, anders als man es bei einem Kronprinzen vermuten könnte, wenig luxuriös. Erst nach Einschreiten seiner Mutter Elisabeth wurden Schikanen wie Wasserkuren, Exerzieren in Regen und Schnee und das Aufwecken mit Pistolenschüssen aus dem täglichen Programm des sechsjährigen Kronprinzen genommen. Tragisch verlief auch das weitere Leben Rudolfs. Dem schönen Geschlecht war er alles andere als abgeneigt. Seine Ehe war äußerst unglücklich und lieblos, wie auch die Beziehung zu seinem Vater Franz Josef. Schon während seines Militärdiensts wurde Rudolf eine Affäre nachgesagt, es sollte nicht die letzte sein. In seinen letzten Lebensmonaten unterhielt er eine Affäre mit der als besonders schön geltenden, allerdings erst siebzehn Jahre Mary Vetsera aus reichem ungarischem Adel. Unter bis heute nicht vollständig geklärten Umständen nahm sich Rudolf gemeinsam mit ihr am 30. Januar 1889 in Mayerling in der Nähe von Wien das Leben durch einen Pistolenschuss in den Kopf. Es war eine skurrile Tat. Rudolf kam mehr oder minder direkt von einem Besuch bei einer Prostituierten in das Jagdschloss im Wienerwald. Er war zu dieser Zeit von Depressionen, Gonorrhö, Alkohol und Morphium schwer gezeichnet und dürfte der jungen Frau eine gemeinsame gotisch-düstere Zukunft im Jenseits in den romantischen Vorstellungen einer Oper Wagners oder Verdis versprochen haben. Erst nach Diskussionen mit dem Papst konnte er christlich bestattet werden, Selbstmord war eine schwere Sünde und verhinderte ein christliches Begräbnis. Vetsera wurde am Friedhof in Heiligenkreuz bei Mayerling in einem kleinen Grab an der Friedhofsmauer unauffällig beigesetzt, während Rudolf ein Staatsbegräbnis erhielt und seine letzte Ruhe in der Kapuzinergruft, der wohl berühmtesten Grablege der Habsburger in Wien erhielt. Von der Familie Habsburg wurde der Selbstmord nie anerkannt. Zita (1892 – 1989), die Witwe des letzten Kaisers Karl, sprach noch in den 1980ern von einem Mordanschlag. Der Rudolfsbrunnen in Innsbruck am Boznerplatz erinnert zwar nicht an den Kronprinzen, bei seiner Einweihung war er aber zugegen. Im konservativen Tirol war er wenig beliebt, bei den liberal gesinnten Innsbruckern hingegen galt er als Hoffnung für eine Erneuerung der Monarchie im Sinne eines modernen, föderalen Staates.
Sehenswürdigkeiten dazu…
Rudolfsbrunnen
Boznerplatz